Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Über die festgefahrenen Strukturen hinausgehen

© Ovidio Aldegunde

Morgen denken wir in der Kirche an die große Teresa von Avila, aber ich finde diese Frau so genial, dass ich sehr gerne schon heute von ihr erzählen möchte.

Teresa hat einfach getan, was für junge Frauen ihres Standes vor 500 Jahren ziemlich normal war. Sie ist ins Kloster gegangen, in ihrer Heimatstadt Avila in Spanien. Aber eigentlich hat sie nur ihren Aufenthaltsort geändert. Sie hat das gleiche, gut behütete Leben ihres Standes im Kloster weitergeführt. Hat die üblichen Gebetszeiten und auch die Arbeitszeiten eingehalten, hat aber auch viel Besuch bekommen und viel Zeit in angeregtem Austausch im Sprechzimmer verbracht. Erst nach fast 20 Jahren dieses nicht sonderlich geistlichen Lebens gehen ihr plötzlich mit Macht die Augen auf: sie sieht eine Statue mit dem Antlitz des leidenden Jesus zum ersten Mal richtig bewusst und spürt plötzlich, welches oberflächliche Leben sie bisher geführt hat. Schlagartig krempelt sie ihr Leben um. Sie beschließt, in der Freundschaft mit diesem Jesus zu leben. 22 neue Klöster hat sie gegründet und das geistliche Leben in vielen anderen Klöstern und in der gesamten Kirche ringsum neu belebt und reformiert – weg von statischen Gebetsweisen hin zum lebendigen Leben mit Gott und dem Gebet aus dem tiefsten eigenen Herzen. Ihr war sehr klar, dass zum geistlichen Leben viel Verstand und Vernunft und zur Heiligkeit, also dem Heilsein in Gott, unendlich viel Humor gehört. Aber was mich am meisten sprachlos macht ist ihr ziemlich wütender Vorwurf der da lautet: "Ich werfe unserer Zeit vor, dass sie starke und zu allem Guten begabte Menschen zurückstößt, nur weil es sich um Frauen handelt." Dieser Ausspruch von ihr ist fast 500 Jahre alt und könnte aus dem Heute stammen. Das haut mich echt um.

Sie hat trotz oder wegen dieser Ignoranz der Kirche gegenüber den Frauen das Allerbeste aus ihrer zweiten Berufung gemacht und all ihre Kraft, ihre Weitsicht und Klugheit, ihre Frömmigkeit und ihre Liebe zu Gott dazu genutzt, viele tausend Menschen näher zu Gott und zu einem Leben nach dem Evangelium zu motivieren und Klöster zu gründen, die das über Jahrhunderte immer weiter gelebt und das Christentum weit über das alte Europa hinaus verbreitet haben.

Mir scheint diese große Frau eine wirkliche Protagonistin unserer heutigen Zeit für uns Frauen in der Kirche zu sein: leben und nutzen wir heute unseren Glauben und unsere Möglichkeiten, um Frauen und Mädchen für die Freundschaft mit Gott zu gewinnen, die über die festgefahrenen Strukturen der heutigen Kirche hinausgehen und die wahre Kraft des Evangeliums zu den Menschen zu bringen.

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