Wochenkommentar: Der Chefredakteur kommentiert

Wenn ein Wachhund nicht mehr bellt ...

"Wenn ein Wachhund nicht mehr bellt, verdient er das Fressen nicht. Wenn ein Christ nicht mehr die Frohe Botschaft verkündet, hat er seine Daseinsberechtigung verloren!" Drastische Worte. Sie stammen vom langjährigen Kölner Erzbischof, Joachim Kardinal Meisner, der selber lautstark und oft auch medienwirksam das Wort Gottes verkündete. Viele katholische Bischöfe wären aktuell vermutlich Hungerleider, wenn es nach Meisner und seinem Wachhund-Vergleich ginge. Da wütet seit Monaten ein grausamer Angriffskrieg in Europa, der die ganze Welt erschüttert - aber außer dem Papst ist es keinem hohen Kirchenmann gelungen, die breite mediale Öffentlichkeit zu erreichen. An gutgemeinten Aufrufen und Appellen fehlt es freilich nicht. Allein, die Stimmen der Bischöfe dringen nicht durch. Woran es liegt?

"Nichts ist gut in Afghanistan!" Margot Käßmann hat auch ohne Amt vorgemacht, wie man sich Gehör verschafft, wenn Kriegsherren die Friedensbotschaft mit Füßen treten. An aktuellen Themen, die medienstarke christliche Botschafter brauchten, ist nun wirklich kein Mangel: Die bedrohte Schöpfung durch die Klimakrise, die weltweiten Flüchtlingsströme, eine Energiekrise, die gesellschaftlich spaltet, die über 800 Millionen Unterernährten in aller Welt, um nur einige Beispiele zu nennen. Doch wenn der Passauer Bischof Oster in dieser Woche seinen Twitter-Account abschaltet, klingt das doch eher nach Rückzug aus der Welt. Vielleicht müssen die Bischöfe mehr von jugendlichen Aktivisten oder Greenpeace lernen? Nein, ich erwarte nicht, dass Kardinal Marx die Türme der Liebfrauenkirche besteigt oder Kardinal Woelki sich auf den Kölner Ringen festklebt. Obwohl...

Aber auf jeden Fall ein bisschen mehr als gut gemeinte fromme Worte und geduldige Papiere, die kaum gelesen werden, dürfte es schon sein...

Ingo Brüggenjürgen

Chefredakteur

 

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