Sie waren zwei Geistesverwandte am Altar an jenem Tag: John Sentamu, der aus Uganda stammende erste schwarze Erzbischof der Kirche von England, und Libby Lane - die er auf dem Höhepunkt einer so ernsten wie farbenprächtigen Zeremonie in der Kathedrale von York zur ersten Bischöfin der englischen Kirchengeschichte weihte.
Aus seiner afrikanischen Heimat hat die charismatische "Nummer zwei" der Anglikaner die direkte Ansprache an die Gläubigen mitgebracht; und so fragte Sentamu im Januar 2015 die Menge: "Wollt ihr, dass sie geweiht wird?" Und es ertönte ein nachdrückliches "Yeah!", wie man es sonst aus britischen Unterhausdebatten kennt. Da fiel kaum mehr ins Gewicht, dass kurz zuvor noch ein erboster Geistlicher nach vorn getreten war und rief: "Nein! Nicht in meinem Namen."
Hauchdünne Mehrheit für Zulassung von Frauen
Szene zwei, Sommer 2012: Pat Lyes-Wilson, ebenfalls einst eine der ersten weiblichen Geistlichen der Kirche von England, nahm in der Kathedrale von Gloucester an der Priesterweihe der eigenen Tochter teil, ein Vierteljahrhundert nach ihrer eigenen Diakonenweihe 1987. Tochter Ruth Fitter sagte stolz: "Nur wegen Frauen wie meiner Mum können wir das hier heute tun."
1987 hatten die ersten britischen Anglikanerinnen die erste Weihestufe erreicht. Und am 11. November 1992, vor 30 Jahren, beschloss die Generalsynode die Zulassung von Frauen zum Priesteramt - mit einer hauchdünnen Mehrheit. Alle drei Häuser der Synode - Bischöfe, Geistliche und Laien - mussten jeweils mit Zweidrittelmehrheit Grünes Licht geben. Und hätten damals nur drei Laien anders votiert, wäre der Vorstoß gescheitert.
Erste Priesterinnenweihe 1994
Der Beschluss löste eine regelrechte Abwanderungswelle zum Katholizismus aus. Damals konvertierte sogar der dritthöchste anglikanische Bischof, Graham Leonard (1921-2010) von London; er wurde einfacher katholischer Pfarrer. Die ersten Priesterinnenweihen erfolgten 1994; zu ihnen gehörten auch Pat Lyes-Wilson und die heutige Bischöfin Libby Lane. Lane und ihr Ehemann George waren zudem das erste gemeinsam geweihte Priesterehepaar.
Seitdem ist viel Wasser die Themse heruntergeflossen. Und auch wenn die schließlich erfolgte Zulassung von Bischöfinnen 2014 noch einmal einen ähnlichen Aufruhr hervorrief, ist der Prozess längst unumkehrbar. Inzwischen ist bereits jeder dritte anglikanische Geistliche in England weiblich. Innerhalb der anglikanischen Weltgemeinschaft sorgt die Frage des Frauenpriestertums freilich bis heute mancherorts für Bauchschmerzen; vor allem in den konservativen Nationalkirchen des sogenannten Global South, etwa in Afrika und Asien.
"Höchste Zeit für Frauen im Bischofsamt"
Erzbischof Sentamu sagte damals, es sei "höchste Zeit für Frauen im Bischofsamt". Schon seit dem frühen Christentum seien Frauen "das Rückgrat der Kirche", "unentdeckt, unbesungen und unschätzbar". Bereits in wenigen Jahren werde man sich fragen, wie man je ohne Bischöfinnen habe auskommen können.
Für diese späte Frauenförderung nahm die liberalere Mehrheit der Anglikaner eine deutliche Eintrübung in der Ökumene in Kauf. Viele katholische Bischöfe, vor allem aber Kirchenleitungen der orthodoxen Welt waren "not amused", es nun auch in der anglikanischen Mutterkirche von England mit Bischöfinnen zu tun zu bekommen. Sie sehen darin einen Bruch der Tradition.
Frühere Krankenpflegerin Nummer Drei der Kirche von England
Manch einer hingegen wünschte sich auch eine Frau in den hohen Rängen der anglikanischen Hierarchie - und musste nur bis 2017 warten. Dann wurde Sarah Mullally, zuvor Bischöfin von Exeter, Hauptstadtbischöfin und damit die Nummer drei der Kirche von England, nach den Erzbischöfen von Canterbury und York. Die verheiratete Mutter zweier Kinder war früher Krankenpflegerin. Nun ist sie als einer von fünf "Geistlichen Lords" geborenes Mitglied des Oberhauses.
Zudem ist der Bischof von London auch Dekan der rechtlich eigenständigen königlichen Kapellen - was ihm einen privilegierten Zugang zur Royal Family gibt. Wegen dieser Nähe wird er auch als "the King's bishop" bezeichnet. Nun ist also eine Frau Londons Bischof und ein Mann Queen. Die Zeiten haben sich wirklich gründlich geändert.