Don Bosco Pater ist schockiert von Anschlag in Istanbul

Tat hat schlechte Erinnerungen geweckt

Bei einem Bombenanschlag sind am Sonntag in der Istanbuler Einkaufsstraße Istiklal mindestens sechs Personen gestorben. Rund 80 weitere sind teils schwer verletzt worden. Pater Simon Härting lebt in Istanbul und zeigt sich betroffen.

Trauer um die Opfer von Istanbul / © Britta Pedersen (dpa)
Trauer um die Opfer von Istanbul / © Britta Pedersen ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wie ist der Anschlag in Istanbul aufgenommen worden?

Simon Härting, Pater der Salesianer Don Boscos (Don Bosco Mission)

Pater Simon Härting (Salesianer Don Boscos in Istanbul): Wir waren sehr geschockt und sehr betroffen. Auf den Straßen war eine große Ruhe zu spüren. Die Menschen sind ruhig geblieben, aber es war doch eine sehr gedrückte Stimmung. Diese Anschläge haben bei vielen eine Erinnerung an die Anschläge im Jahr 2016 geweckt. Gestern haben sich viele an diese Zeit zurückerinnern müssen.

DOMRADIO.DE: Wie haben Sie und wie hat Ihre Umgebung die Situation wahrgenommen?

Härting: Ich war zur Zeit des Anschlags relativ nah beim Taksim-Platz. Ich kam gerade von einem Gottesdienst zurück. Es war eine unwirkliche Stimmung: sehr viel Polizei, sehr viele Krankenwagen, Feuerwehr. Es war sofort klar, dass etwas Schlimmes passiert ist. Die Menschen haben versucht von dem Platz wegzukommen. Ich bin dann auch nach Hause gegangen, habe mich vor den Fernseher gesetzt und die Bilder gesehen.

DOMRADIO.DE: Sie sind Seelsorger in Istanbul. Kommen die Menschen in solchen Fällen auch zu Ihnen?

Härting: Ja, ich hatte gestern sehr viel Kontakt über WhatsApp. Die deutsche Community ist auch sehr betroffen gewesen. Es gab Befürchtungen, dass eventuell auch deutsche Opfer zu beklagen sind. Dazu hatte ich dann Kontakt mit dem deutschen Konsulat, die mir sagten, dass das im Moment nicht der Fall zu sein scheint. Das wissen wir aber noch nicht sicher.

Die meisten waren sehr verängstigt und haben mir ihre Angst und ihre Sorgen ausgedrückt. Ich sah es dann als meine Aufgabe, für etwas Beruhigung zu sorgen und glaube, dass es gut ist, dass wir vor Ort sind. Jetzt versucht jeder ruhig zu bleiben und nicht in Panik auszubrechen.

Menschen stehen am Ort der Explosion auf der Fußgängerzone Istiklal. Bei dem Anschlag am 13.11.2022 auf der belebten Einkaufsstraße waren mehrere Menschen getötet und viele verletzt worden. / © Khalil Hamra/AP (dpa)
Menschen stehen am Ort der Explosion auf der Fußgängerzone Istiklal. Bei dem Anschlag am 13.11.2022 auf der belebten Einkaufsstraße waren mehrere Menschen getötet und viele verletzt worden. / © Khalil Hamra/AP ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wie geht es Ihnen, wenn Sie für andere dann sorgen? Wer kümmert sich dann um Sie?

Härting: Ich lebe in der Gemeinschaft. Wir kennen solche Anschläge schon, weil wir das im Jahr 2016 erlebt haben. In erster Linie sprechen wir miteinander, aber wir sind auch nicht so sehr aufgeregt über die Situation. Natürlich werde ich in den nächsten Tagen die Istiklal-Straße meiden. Aber ich bin heute Morgen auch schon in der Metro gesessen.

Also, es ist insgesamt eine sehr ruhige Stimmung in der Stadt. Es gibt keinen, der groß weiter Angst schürt. Die Regierung hat eine Nachrichtensperre verhängt, um keine Panik ausbrechen zu lassen.

DOMRADIO.DE: Als verantwortlich für den Anschlag verdächtigen viele die PKK. Wie nehmen Sie die Beziehungen zwischen Kurden und Türken wahr?

Härting: Von dem Verdacht habe ich heute gelesen. Der türkische Innenminister war sehr klar in dem, was er gesagt hat. Ich kann zu diesen Verdächtigungen aber nichts sagen. Es standen gestern noch andere Verdächtige im Raum. Sogar der IS war genannt worden. Das kann ich nicht beurteilen.

Die unterschiedlichen Gruppierungen in der Türkei sind sicherlich präsent, auch politisch. Aber wer wirklich dahintersteckt, müssen jetzt erst mal die Sicherheitsbehörden ermitteln.

Ich habe auch Bilder von einer verhafteten Frau gesehen, aber auch das möchte ich von meiner Seite aus nicht kommentieren, weil ich dazu keine Einblicke habe.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Quelle:
DR