Steigende Kundenzahlen bringen Tafeln an ihr Limit

An Leistungsgrenze angekommen

Die über 6.000 überwiegend ehrenamtlich Helfenden der Tafeln in Hessen sind wegen zahlreicher neuer Klienten an ihrer Leistungsgrenze angekommen. Landesweit hätten sich seit Anfang 2022 über 35.300 neue Kunden angemeldet.

Autor/in:
Dirk Baas
Einkaufstrolleys vor Essensausgabe / © Harald Oppitz (KNA)
Einkaufstrolleys vor Essensausgabe / © Harald Oppitz ( KNA )

Davon seien rund 25.000 Geflüchtete aus der Ukraine, erläuterte Katja Bernhard, Vorstand und Öffentlichkeitsarbeiterin des Tafel-Landesverbandes, dem Evangelischen Pressedienst (epd).

"Wir stellen einen täglichen Zuwachs von Geringverdienern als Neukunden fest, deren Lohn nicht mehr ausreicht, und die bei uns Hilfe suchen", sagte sie.

Tafel-Mitarbeiterinnen beim Sortieren der Ware / © Beatrice Tomasetti (DR)
Tafel-Mitarbeiterinnen beim Sortieren der Ware / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Zahl der Kunden nimmt weiter zu

Alle Tafeln stünden derzeit vor den gleichen Problemen: Die Zahl der Kunden nimmt weiter zu, die Betriebskosten steigen drastisch und die Lebensmittelspenden von Händlern und Supermärkten gehen zurück, sagte die Vorständin. Aber, so die Expertin: "Wir sind zuversichtlich, die Herausforderungen zu meistern."

Die Lage sei weiter sehr angespannt, weshalb zwischenzeitliche Aufnahmestopps nötig waren und Neukunden auf Wartelisten gesetzt werden mussten. Kritik daran wies sie zurück: "Diese Vorgehensweise gilt oft nur für einzelne Ausgabetage oder Ausgabestellen, so dass es immer Unterstützung für Notleidende gibt."

Von den Behörden zu den Tafeln geschickt

Das Sortiment an Lebensmittelspenden reicht im Moment nicht für die 120 Tafelkunden in Bensberg aus / © Beatrice Tomasetti (DR)
Das Sortiment an Lebensmittelspenden reicht im Moment nicht für die 120 Tafelkunden in Bensberg aus / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Bernhard erklärte den Anstieg der Kundenzahlen auch damit, dass viele Geflüchtete von den Behörden direkt zu den Tafeln geschickt würden. Sie rief die Kommunen auf, neben finanzieller Unterstützung auch umfassende Hilfskonzepte für die Ukrainer vorzulegen.

Bernhard lobte das Land Hessen. Mittels einer Soforthilfe von 2,2 Millionen Euro werde verhindert, dass Tafeln schließen müssen. Die Vorständin verwies ausdrücklich darauf, dass die Tafeln lediglich ein Ergänzungsprogramm sind: "Tafeln helfen, weil sie wollen und nicht weil sie müssen."

Bernhard rechnet angesichts des Krieges in der Ukraine, der hohen Inflation und teurer Energie für das Frühjahr 2023 "mit einem enormen Anstieg an weiteren Neukunden". Man werde versuchen, darauf vorbereitet zu sein. Die Tafel-Leitungen setzten auf geänderte Öffnungszeiten, reduzierte Abgabemengen bei den Lebensmitteln und zusätzliche Ausgabestellen.

Tafeln in Deutschland

Die bundesweit agierenden Tafeln haben sich in den vergangenen 20 Jahren zu einer der größten sozialen Bewegungen in Deutschland entwickelt. Waren es 2002 noch gut 300, gibt es heute bundesweit etwa 900 Tafeln mit rund 2.100 Tafel-Läden und Ausgabestellen. Bei ihnen engagieren sich circa 60.000 ehrenamtliche Mitarbeiter. Alle zusammen versorgen sie mehr als 1,5 Millionen Menschen mit Lebensmitteln, die sie als Spenden im Handel und bei Herstellern gesammelt haben.

Helfer sortieren  Salat bei der Lebensmittelausgabe in der Kirche Sankt Karl Borromäus in Köln / © Harald Oppitz (KNA)
Helfer sortieren Salat bei der Lebensmittelausgabe in der Kirche Sankt Karl Borromäus in Köln / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
epd