"Auch wenn Stress und Hektik Begleiterscheinungen einer nicht immer besinnlichen 'Vorweihnachtszeit' sind, scheint das weihnachtlich gestimmte Lebensgefühl doch ein ganz spezieller und unverzichtbarer Wert für eine solidarische Gesellschaft zu sein", sagte Wahle bei einer Gastvorlesung in Erfurt.
Die Allgegenwart des Weihnachtsthemas in den Medien und sozialen Netzwerken könne die Menschen für eine längere Weile aus der Vielfalt eigener Aktivitäten zusammenführen.
Weihnachtspopularität als Ärgernis für Kirche
"Weihnachten, so lässt sich ohne große empirische Untersuchungen sagen, ist äußerst populär - mitunter das typische Fest der Postmoderne", hob Wahle hervor.
![Eingepackte Weihnachtsgeschenke / © Halfpoint (shutterstock) Eingepackte Weihnachtsgeschenke / © Halfpoint (shutterstock)](/system/files/styles/w21_dmr_theme_embed_xs_1x/private/eingepackte-weihnachtsgeschenke.jpg.avif?itok=VO7_TCqE)
Für Kirche und Theologie sei diese Popularität vielfach ein Ärgernis, scheine doch in der unzweifelhaft kulturellen Bedeutung des Festes das religiös-christliche Bekenntnis immer mehr unterzugehen. Weihnachten sei jedoch weiterhin ein religiöses Fest, auch wenn es vielfach nur noch als kulturelle Institution erscheine, so der Liturgiewissenschaftler.
Die Geschenkpraxis bestätigt ihm zufolge nicht die These von der "modernen Degeneration des Weihnachtsfestes". Dabei verwies er auf die vielen Wohltätigkeitsveranstaltungen, die rund um die Weihnachtszeit ebenso Hochkonjunktur hätten wie der Einzelhandel.
Weihnachtslieder können stiller Protest sein
"Schenken kann als eine christliche Tugend verstanden werden, wenn es im Horizont dessen geschieht, was Gott in Jesus Christus selbst getan hat", so Wahle. "So werden in dem kulturellen Brauch der wohltätigen Gaben die diakonische Dimension des Weihnachtsfestes sowie seine Bedeutung für das alltägliche Leben deutlich, die für eine solidarische Gesellschaft unverzichtbar bleibt."
![Frau mit Mundschutz und Weihnachtsgeschenken beim Einkaufen / © Kamil Macniak (shutterstock) Frau mit Mundschutz und Weihnachtsgeschenken beim Einkaufen / © Kamil Macniak (shutterstock)](/system/files/styles/w21_dmr_theme_embed_xs_1x/private/frau-mit-mundschutz-und-weihnachtsgeschenken-beim-einkaufen.jpg.avif?itok=nLfRirNv)
Das weite Repertoire der alten und neuen Weihnachtslieder und der Geschenkebrauch schließlich seien zwei Beispiele "für den stillen Protest gegen jegliche Form der Angst und der Bedrängnis, des Egoismus und der sozialen Kälte". In diesem Sinne sei Weihnachten weiterhin ein religiöses Fest, auch wenn es vielfach nur noch als kulturelle Institution erscheine.