Hungerhilfe sieht Uneinigkeit bei Taliban zu Arbeitsverbot

Arbeit "kann nicht ohne Frauen gelingen"

Millionen Menschen können durch das Arbeitsverbot für Frauen in Afghanistan nicht mehr erreicht werden, warnt die Welthungerhilfe. Allerdings stünden nicht alle Taliban hinter dem Verbot.

Autor/in:
Moritz Elliesen
Ein Taliban-Kämpfer steht Wache, während eine Frau vorbeiläuft. / © Ebrahim Noroozi/AP (dpa)
Ein Taliban-Kämpfer steht Wache, während eine Frau vorbeiläuft. / © Ebrahim Noroozi/AP ( dpa )

Infolge des Arbeitsverbots für weibliche Beschäftigte bei Hilfsorganisationen in Afghanistan können nach Einschätzung des Generalsekretärs der Welthungerhilfe, Mathias Mogge, Millionen von Frauen nicht mehr versorgt werden. "Wir gehen davon aus, dass 11,6 Millionen Frauen und Mädchen nicht mehr in der Art und Weise erreicht werden können, wie das bisher der Fall war", sagte Mogge dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dadurch drohe etwa eine Zunahme des Hungers und der Ernährungsunsicherheit.

In Afghanistan hatten die Taliban-Behörden vor wenigen Tagen ein Arbeitsverbot für Frauen bei Hilfsorganisationen verhängt. Die Islamisten begründeten den Schritt damit, dass Frauen die von ihnen erlassene Kleiderordnung nicht einhielten. Durch das Beschäftigungsverbot könnten zum Beispiel von Frauen geführte Haushalte nicht mehr direkt konsultiert werden, warnte Mogge. "Wir wissen dann nicht mehr, was eigentlich benötigt wird, wie es den Frauen geht und ob unterernährte Kinder in den Haushalten leben."

Mathias Mogge, Vorstand Programme der Welthungerhilfe (KNA)
Mathias Mogge, Vorstand Programme der Welthungerhilfe / ( KNA )

Arbeitsverbot einmalig in der Geschichte Afghanistans

Mehrere Hilfsorganisationen, darunter die Welthungerhilfe, haben als Reaktion auf die Entscheidung ihre Arbeit in Afghanistan vorerst zum Teil oder ganz ausgesetzt. Zwar werde durch den Rückzug von Hilfsorganisationen die Krise noch weiter verschärft, sagte Mogge und sprach von einem Dilemma. Eine Rückkehr zur Tagesordnung sei aber ausgeschlossen. "Wir müssen darauf hinweisen, dass eine adäquate Hilfe gemäß der humanitären Prinzipien so nicht möglich ist."

Das für Frauen verhängte Arbeitsverbot bezeichnete der Welthungerhilfe-Generalsekretär als einzigartig in der Geschichte des Landes. Seine Organisation sei seit 1980 in Afghanistan aktiv und damit auch während der ersten Taliban-Herrschaft zwischen 1996 und 2001. "Immer waren Frauen auch in hohen Positionen bei uns beschäftigt gewesen", sagte Mogge. "Diese Art von Verbot hat es tatsächlich noch nicht gegeben."

Hoffnung auf Aufhebung des Verbots

Zugleich äußerte er die Hoffnung, dass die Taliban das Verbot wieder aufheben. Die Folgen des Erlasses seien den Islamisten "vielleicht nicht in der kompletten Tragweite" bewusst gewesen. Zudem stünden nicht alle Mitglieder der Taliban-Führungsriege hinter dieser Regelung.

Vor allem in den Provinzen hätten Taliban-Mitglieder die humanitären Folgen vor Augen. "Deswegen ist meine Hoffnung, dass es Gespräche geben wird." Für die zukünftige Arbeit der Welthungerhilfe sei entscheidend, dass alle Menschen erreichbar seien - "und das kann nicht ohne Frauen gelingen", betonte Mogge.

Quelle:
epd