Bestatter lobt öffentliche Aufbahrung von Benedikt XVI.

"Die Realität des Todes begreifen"

Der verstorbene emeritierte Papst Benedikt XVI. liegt in einem offenen Sarg im Petersdom aufgebahrt. Manche Menschen finden diese Bilder pietätlos. Der Bestatter Christoph Kuckelkorn hingegen lobt diese Art des Abschiednehmens.

 Abschied von Papst Benedikt XVI. im Petersdom
 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Abschied von Papst Benedikt XVI. im Petersdom / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was regt manche Menschen daran so auf, wenn Leichen aufgebahrt werden?

Christoph Kuckelkorn (Kölner Bestattungsunternehmer): Ich glaube, der Tod findet nicht mehr so in unserem Leben statt. Das ist etwas, was wir sehr verdrängt haben, was wir auch augenscheinlich außerhalb von irgendwelchen Spielfilmen gar nicht mehr sehen wollen. In der Realität wollen wir es nicht. Jetzt werden wir plötzlich mit dem Tod konfrontiert.

Christoph Kuckelkorn / © Henning Kaiser (dpa)
Christoph Kuckelkorn / © Henning Kaiser ( dpa )

Ich finde das eigentlich eine sehr schöne Sache, dass ein verstorbener Mensch noch mal aufgebahrt wird, dass man sich noch mal verabschieden kann und man überhaupt diese Realität des Todes wirklich begreifen kann. Denn das ist in vielen Fällen, wenn man mit Menschen verbunden ist, gar nicht so einfach intellektuell leistbar. Da muss man was zur Hilfe nehmen. Und das Beste ist, sich wirklich einen Eindruck zu verschaffen.

Christoph Kuckelkorn, Kölner Bestattungsunternehmer

"Ich finde, es ist gut, wenn man damit achtsam umgeht, wenn die Bilder, die erzeugt werden, auch die Würde dieses Moments transportieren."

DOMRADIO.DE: Dass Tote noch drei Tage zu Hause aufgebahrt sind, ist ja was, was heute weitestgehend aus unserem Leben verschwunden ist.

Kuckelkorn: Ja, aber es kommt ganz stark wieder. In den letzten zehn Jahren hat sich das wieder ganz stark etabliert. Rund 80-90 Prozent der Verstorbenen werden in unserem Institut noch mal aufgebahrt.

Die Familie des Papstes ist halt groß, denn das ist die Öffentlichkeit. Bei Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, gibt es oftmals einen großen Wunsch von Menschen, die sich eng verbunden fühlen, sich noch mal persönlich zu verabschieden.

Menschen warten dicht gedrängt in einer langen Schlange hinter einer Absperrung, um Abschied zu nehmen vom aufgebahrten Leichnam des emeritierten Papstes Benedikt XVI.  / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Menschen warten dicht gedrängt in einer langen Schlange hinter einer Absperrung, um Abschied zu nehmen vom aufgebahrten Leichnam des emeritierten Papstes Benedikt XVI. / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Das sieht man zum Beispiel jetzt beim Papst. Wir haben das bei unserem Kardinal Meisner hier in Köln auch erlebt und man erlebt es auch bei Showstars, die noch mal offen aufgebahrt werden, damit Fans sich verabschieden können. Ich glaube, das ist ein ganz guter Weg.

DOMRADIO.DE: Der persönliche Abschied ist das eine. Aber ist es nicht pietätlos, wenn diese Bilder eines Leichnams dann über die Medien transportiert wird?

Kuckelkorn: Ich finde nein, weil die Menschen, die sich zum Beispiel mit dem Papst verbunden fühlten, vielleicht gar nicht die Möglichkeit haben, anzureisen. Das heißt also, wenn ich jetzt in Südamerika bin und nicht die Möglichkeit habe zu kommen, dann ist das vielleicht genau das Hilfsmittel, was ich brauche.

Ich finde, es ist gut, wenn man damit achtsam umgeht, wenn die Bilder, die erzeugt werden, auch die Würde dieses Moments transportieren. Aber ich habe überhaupt kein Problem, wenn ein Verstorbener aufgebahrt wird, dass das auch von den Medien mitgenommen wird. So ist unsere Zeit.

Die Medien sind jetzt im Augenblick für uns das ganz wichtige, verbindende Element. Da gehört das einfach mit dazu. Man kann ja weggucken oder ausschalten. Man muss es ja nicht anschauen.

Der Leichnam des verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. ist im Petersdom öffentlich aufgebahrt / © Michael Kappeler (dpa)
Der Leichnam des verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI. ist im Petersdom öffentlich aufgebahrt / © Michael Kappeler ( dpa )

DOMRADIO.DE: Man sieht auch Bilder, auf denen der Privatsekretär des emeritierten Papstes die Hand des aufgebahrten Verstorbenen küsst. Das könnte dem ein oder anderen vielleicht komisch vorkommen.

Kuckelkorn: Finde ich auch nicht, denn sehen ist das eine, Fühlen und Nähe, den körperlichen Kontakt zu haben und Tod auch noch einmal zu realisieren, ist noch mal was ganz anderes.

Wir erleben das so häufig, dass man an einem Sarg steht. Die Familie sieht dann die verstorbene Mutter, Großmutter, Ehefrau, Frau und man muss berühren, um zu begreifen. Deswegen ist hier auch eine würdevolle Berührung, so wie es beim Papst eben üblich ist, ein Handkuss, genau der richtige Weg.

DOMRADIO.DE: Im Rückblick haben sich Millionen von Menschen von der im Jahr 2022 verstorbenen Queen Elisabeth am geschlossenen Sarg verabschiedet. Wie wird das entschieden?

Kuckelkorn: Das ist etwas, was stark im Protokoll verhaftet ist. Es gehört im Protokoll des Vatikan dazu, eine offene Aufbahrung vorzusehen, genauso wie es auch im Fall des Todes eines Erzbischofs in Köln vorgesehen ist, damit sich die Bevölkerung verabschieden kann.

Menschen gehen in der Westminster Hall am Sarg von Königin Elisabeth II. vorbei / © Yui Mok (dpa)
Menschen gehen in der Westminster Hall am Sarg von Königin Elisabeth II. vorbei / © Yui Mok ( dpa )

Die Verstorbenen werden auch in der Regel einbalsamiert, das heißt für eine längere Abschiednahme präpariert. Das ist bei der Queen nicht erfolgt.

Deswegen war man wahrscheinlich vorsichtiger und hat die Abschiednahme öffentlich nicht mit einem offenen Sarg gemacht.

Im Protokoll des Vatikans ist das so vorgesehen und das wissen auch alle Päpste. Da kann man natürlich auch für sich selber einen anderen Weg wählen.

Aber das hat jeder toleriert und keiner eingeschränkt und deswegen ist auch davon auszugehen, dass er damit einverstanden war.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

Das geistliche Testament von Papst Benedikt XVI.

Am Tag seines Todes, dem Silvestertag 2022, hat der Vatikan das Geistliche Testament von Papst Benedikt XVI. veröffentlicht, das er bereits am 29. August 2006 verfasste. Die Katholische Nachrichten-Agentur dokumentiert den Text in der Originalfassung (in alter Rechtschreibung):

Papst Benedikt XVI. am 9. September 2006 in München. / © Markus Nowak (KNA)
Papst Benedikt XVI. am 9. September 2006 in München. / © Markus Nowak ( KNA )
Quelle:
DR