DOMRADIO.DE: Was regt manche Menschen daran so auf, wenn Leichen aufgebahrt werden?
Christoph Kuckelkorn (Kölner Bestattungsunternehmer): Ich glaube, der Tod findet nicht mehr so in unserem Leben statt. Das ist etwas, was wir sehr verdrängt haben, was wir auch augenscheinlich außerhalb von irgendwelchen Spielfilmen gar nicht mehr sehen wollen. In der Realität wollen wir es nicht. Jetzt werden wir plötzlich mit dem Tod konfrontiert.
Ich finde das eigentlich eine sehr schöne Sache, dass ein verstorbener Mensch noch mal aufgebahrt wird, dass man sich noch mal verabschieden kann und man überhaupt diese Realität des Todes wirklich begreifen kann. Denn das ist in vielen Fällen, wenn man mit Menschen verbunden ist, gar nicht so einfach intellektuell leistbar. Da muss man was zur Hilfe nehmen. Und das Beste ist, sich wirklich einen Eindruck zu verschaffen.
DOMRADIO.DE: Dass Tote noch drei Tage zu Hause aufgebahrt sind, ist ja was, was heute weitestgehend aus unserem Leben verschwunden ist.
Kuckelkorn: Ja, aber es kommt ganz stark wieder. In den letzten zehn Jahren hat sich das wieder ganz stark etabliert. Rund 80-90 Prozent der Verstorbenen werden in unserem Institut noch mal aufgebahrt.
Die Familie des Papstes ist halt groß, denn das ist die Öffentlichkeit. Bei Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, gibt es oftmals einen großen Wunsch von Menschen, die sich eng verbunden fühlen, sich noch mal persönlich zu verabschieden.
Das sieht man zum Beispiel jetzt beim Papst. Wir haben das bei unserem Kardinal Meisner hier in Köln auch erlebt und man erlebt es auch bei Showstars, die noch mal offen aufgebahrt werden, damit Fans sich verabschieden können. Ich glaube, das ist ein ganz guter Weg.
DOMRADIO.DE: Der persönliche Abschied ist das eine. Aber ist es nicht pietätlos, wenn diese Bilder eines Leichnams dann über die Medien transportiert wird?
Kuckelkorn: Ich finde nein, weil die Menschen, die sich zum Beispiel mit dem Papst verbunden fühlten, vielleicht gar nicht die Möglichkeit haben, anzureisen. Das heißt also, wenn ich jetzt in Südamerika bin und nicht die Möglichkeit habe zu kommen, dann ist das vielleicht genau das Hilfsmittel, was ich brauche.
Ich finde, es ist gut, wenn man damit achtsam umgeht, wenn die Bilder, die erzeugt werden, auch die Würde dieses Moments transportieren. Aber ich habe überhaupt kein Problem, wenn ein Verstorbener aufgebahrt wird, dass das auch von den Medien mitgenommen wird. So ist unsere Zeit.
Die Medien sind jetzt im Augenblick für uns das ganz wichtige, verbindende Element. Da gehört das einfach mit dazu. Man kann ja weggucken oder ausschalten. Man muss es ja nicht anschauen.
DOMRADIO.DE: Man sieht auch Bilder, auf denen der Privatsekretär des emeritierten Papstes die Hand des aufgebahrten Verstorbenen küsst. Das könnte dem ein oder anderen vielleicht komisch vorkommen.
Kuckelkorn: Finde ich auch nicht, denn sehen ist das eine, Fühlen und Nähe, den körperlichen Kontakt zu haben und Tod auch noch einmal zu realisieren, ist noch mal was ganz anderes.
Wir erleben das so häufig, dass man an einem Sarg steht. Die Familie sieht dann die verstorbene Mutter, Großmutter, Ehefrau, Frau und man muss berühren, um zu begreifen. Deswegen ist hier auch eine würdevolle Berührung, so wie es beim Papst eben üblich ist, ein Handkuss, genau der richtige Weg.
DOMRADIO.DE: Im Rückblick haben sich Millionen von Menschen von der im Jahr 2022 verstorbenen Queen Elisabeth am geschlossenen Sarg verabschiedet. Wie wird das entschieden?
Kuckelkorn: Das ist etwas, was stark im Protokoll verhaftet ist. Es gehört im Protokoll des Vatikan dazu, eine offene Aufbahrung vorzusehen, genauso wie es auch im Fall des Todes eines Erzbischofs in Köln vorgesehen ist, damit sich die Bevölkerung verabschieden kann.
Die Verstorbenen werden auch in der Regel einbalsamiert, das heißt für eine längere Abschiednahme präpariert. Das ist bei der Queen nicht erfolgt.
Deswegen war man wahrscheinlich vorsichtiger und hat die Abschiednahme öffentlich nicht mit einem offenen Sarg gemacht.
Im Protokoll des Vatikans ist das so vorgesehen und das wissen auch alle Päpste. Da kann man natürlich auch für sich selber einen anderen Weg wählen.
Aber das hat jeder toleriert und keiner eingeschränkt und deswegen ist auch davon auszugehen, dass er damit einverstanden war.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.