Nach dem Schiffsunglück in Süditalien ist die Zahl der toten Migranten auf 62 gestiegen. Am 27. Februar wurden nach Angaben der Feuerwehr drei weitere Leichen entdeckt. Die leblosen Körper wurden mehrere Kilometer vom Unglücksort Steccato di Cutro entfernt im Wasser und am Strand gefunden, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. In Italien und auch anderen Ländern überwogen Bestürzung und Empörung. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einer "erneuten schrecklichen Tragödie".
Unter den Opfern sind nach Angaben der Zeitung "La Repubblica" gut ein Dutzend Kinder und mehr als 30 Frauen. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen berichtete, dass ganze Familien bei dem Unglück vor der Küste der Region Kalabrien starben. Am Strand von Steccato di Cutro lagen am Montag zwischen Holzbrettern Kleidungsstücke, Spielsachen und der Kopf einer Kinderpuppe.
Rund 80 Menschen wurden gerettet oder konnten aus eigener Kraft die Küste erreichen, nachdem das Boot gekentert war. Wie viele Menschen auf dem Holzkutter waren, war auch am 27. Februar noch nicht klar. Dutzende wurden noch vermisst. Trotz schwieriger Witterungsbedingungen wollten die Einsatzkräfte wie Feuerwehr und Küstenwache weiter nach Opfern und Überlebenden suchen.
Die Migranten waren nach bisherigen Erkenntnissen am 23. Februar in Izmir in der Türkei gestartet, hatten den Süden Griechenlands umfahren und Kurs auf Süditalien genommen. Wie die Polizei bestätigte, wurde ein mutmaßlicher Schlepper festgenommen. Italiens rechte Regierung forderte nach dem Unglück erneut, Migranten zu stoppen, noch bevor sie in See stechen.
UN-Generalsekretär António Guterres forderte indes: "Wir brauchen sichere, geregelte und legale Routen für Migranten und Flüchtlinge. Solange kriminelle Banden die Migrantenrouten kontrollieren, werden Menschen weiterhin verschwinden."
Die Bundesregierung bemüht sich nach Angaben von Innenministerin Faeser um legale Migrationswege. "Zugleich begrenzen wir irreguläre Migration durch Migrationsabkommen mit Herkunftsstaaten und durch den Schutz der EU-Außengrenzen", sagte sie. "Wir stumpfen nicht ab angesichts dieser Not, sondern handeln trotz erheblicher Widerstände weiter, damit Menschenrechte geschützt werden und die Migration sehr viel stärker gesteuert wird als es bislang der Fall war." Grünen-Chefin Ricarda Lang forderte eine staatliche Seenotrettung.
(Quelle: dpa, 27.02.2023)