Auf der einen Seite könne sie es gut verstehen, wenn manche nur drei oder vier Tage pro Woche arbeiten wollten und dann auch nicht zu früh oder in der Nacht, schrieb Käßmann in der "Bild am Sonntag".
Auf der anderen Seite gelte aber. "Wer gut leben will und nicht reich erbt, muss nun mal seinen Lebensunterhalt verdienen!" Arbeit sei sicher nicht der einzige Sinn des Lebens, ergänzte die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). "Aber ein bisschen mehr Bereitschaft, sich im Beruf voll reinzuhängen, fehlt mir bei einigen schon."
Doppelmoral zwischen eigenem Leben und dem der anderen
Dazu beobachte sie "eine gewisse Doppelmoral" bei einigen Verfechtern der eigenen Work-Life-Balance: "Wer selbst nur vier Tage die Woche arbeiten möchte und bitteschön nie am Wochenende, früh morgens oder spät abends, der erwartet von seinen Mitmenschen oft ganz anderes: Der Supermarkt soll gefälligst bis 22 Uhr offen sein, der Lieferservice das Abendessen binnen Minuten bringen."
Wer aber bis spätabends an der Kasse sitze oder mit dem Fahrrad Essen ausfahre, habe garantiert keine gute Work-Life-Balance, so die Theologin.