DOMRADIO.DE: Wenn man vergleichbare Qualifikationen, vergleichbare Tätigkeiten und vergleichbare Erwerbsbiografien voraussetzt, ist es dann tatsächlich so, dass auch im 21. Jahrhundert noch Frauen in Deutschland schlechter bezahlt werden als ihre männlichen Kollegen?
![Vor Gericht / © PaeGAG (shutterstock) Vor Gericht / © PaeGAG (shutterstock)](/system/files/styles/w21_dmr_theme_embed_xs_1x/private/image/shutterstock_1922793134.jpg.avif?itok=2V9XZ6s_)
Hildegard Lülsdorf (Stellvertretende Diözesanvorsitzende der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Köln / KAB): Das stimmt. Es ist ganz schrecklich, dass die Frauen heutzutage noch 18 Prozent weniger verdienen. Es gab gerade ein Urteil vom Bundesarbeitsgericht zu einem Fall, bei dem eine Frau geklagt hatte, der Recht gegeben worden ist. Dort begründete der Arbeitgeber, dass die Frau ihr Gehalt hätte besser aushandeln können. Der Kollege hat mehr Geld bekommen. Das waren etwa 1.000 Euro weniger brutto pro Monat für die Frau. Das ist eigentlich eine Schande in dieser heutigen Zeit.
DOMRADIO.DE: Was hat zu dieser Lücke im Gehalt zwischen unterschiedlichen Geschlechtern geführt?
Lülsdorf: Da ist die Erwerbsbiografie der Frauen und der Bildungsweg zu nennen, obwohl Frauen heutzutage auch sehr gut ausgebildet sind. Die Teilzeitarbeit bei Frauen hat auch einen großen Anteil, denn die Erwerbsquote ist damit geringer als bei den Männern.
DOMRADIO.DE: Wie kann die Lücke behoben werden? Was wünschen Sie sich von der KAB?
Lülsdorf: Wir wünschen uns, dass die Rahmenbedingungen verbessert werden. Der Mindestlohn muss auf jeden Fall erhöht werden, der im Moment bei 12 Euro liegt. Wir als KAB fordern über 14 Euro pro Stunde. An der Stellschraube muss auf jeden Fall ganz viel gedreht werden, um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen, damit die Angleichung da ist.
DOMRADIO.DE: In diesem Jahr macht die KAB insbesondere darauf aufmerksam, dass diese strukturelle Ungleichheit dazu führt, dass Frauen im Alter in eine Armut geraten, eine geringere Rente bekommen. Eine Vollzeitbeschäftigung ist also keine Garantie gegen Altersarmut?
Lülsdorf: Nein, eine Vollzeitbeschäftigung ist da keine Garantie, weil auch diese Verdienstlücke da ist. Daraus folgt, dass anschließend auch weniger Rente da ist. Dabei muss der Mensch im Mittelpunkt stehen. Es darf keinen Unterschied bei der Bezahlung zwischen Frauen und Männern gemacht werden.
Das Interview führte Katharina Geiger.