Bundespräsident rückt Revolution von 1848 in den Blick

Demokratische Traditionen betonen

Deutsche Geschichte umfasst nicht nur den Nationalsozialismus. Es gibt auch positive Ereignisse. Zum Beispiel die demokratische Revolution von 1848. Zum 175. Jubiläum gibt es mehrere Veranstaltungen mit Bundespräsident Steinmeier.

Autor/in:
Christoph Arens
Frankfurter Paulskirche / © Bert Bostelmann (KNA)
Frankfurter Paulskirche / © Bert Bostelmann ( KNA )

Deutschland sei eine "Volkswirtschaft auf der Suche nach einem Staat", spottete einst der frühere US-Außenminister Henry Kissinger. "Deutschland fehlt es an sinnstiftenden Traditionen", analysierte im Januar die "Neue Zürcher Zeitung". Allenfalls würden die dunklen Seiten in Erinnerung gerufen. "Die bürgerliche Revolution von 1848 wäre ein würdiger Anlass für einen Gedenktag", so die Zeitung. "Aber die deutschen Politiker sind mutlos."

Ruhmesblatt für deutsche Demokratie

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will gegensteuern – mit mehreren Veranstaltungen in den kommenden Wochen. Schon 2019 hatte er Bund und Länder aufgefordert, Überlegungen zu einem nationalen Gedenktag für die Revolution von 1848 anzustellen. Die jährt sich in diesen Monaten zum 175. Mal. Und ist, auch wenn sie scheiterte, ein Ruhmesblatt für die Demokratie in Deutschland.

Der revolutionäre Funken sprang aus Frankreich über: Am 24. Februar 1848 wurde in Paris die Monarchie gestürzt. Schon am 27. Februar forderten in Mannheim über 2.000 Menschen erstmals weitgehende Reformen. Dazu gehörten Volksbewaffnung, Menschenrechte, Presse- und Versammlungsfreiheit, Schwurgerichte und ein deutsches Parlament.
Auch soziale Reformen kamen auf die Tagesordnung.

Märzforderungen und Barrikadenkampf 

In einer Kettenreaktion verbreiteten sich die sogenannten Märzforderungen durch Deutschland. Am 18. März 1848 erreichte die Revolution Preußens Hauptstadt. Dort versammelte sich eine große Menschenmenge auf dem Berliner Schlossplatz, um auf die Antwort von König Friedrich Wilhelm IV. auf die Reformforderungen zu warten. Die Regierung konzentrierte Truppen um den Schlosshof; Hardliner forderten hartes Durchgreifen.

Zwei unbeabsichtigte Schüsse lösten einen Barrikadenkampf aus, der binnen weniger Stunden das ganze Stadtzentrum umfasste und mehr als 250 Menschen das Leben kostete. Der Tag wurde zum Symbol für die Freiheit schlechthin, der Friedhof der Märzgefallenen in Berlin-Friedrichshain ein Wallfahrtsort. 

Würdigende Veranstaltungen

Der Bundespräsident würdigt diese Ereignisse in den kommenden Wochen mit mehreren Veranstaltungen: Am Freitag, 17. März, lädt er zu einem "Republikanischen Bankett" ins Schloss Bellevue. Neben ihm werden auch die Pariser Historikerin Helene Miard-Delacroix und der britische Historiker Christopher Clark eine Rede halten. Die Schauspielerin Katharina Thalbach trägt historische Texte vor. 

Bankette waren eine Tradition der damaligen Zeit. Durch sie umging die liberale und demokratische Opposition die staatlichen Verbote politischer Versammlungen, um beim gemeinsamen Essen Debatten zu führen. Das Verbot eines Banketts im Februar 1848 wurde zum Zündfunken für die Revolution in Frankreich. 

Ausstellungen, Führungen, Diskussionen

Am Samstag, 18. März, nimmt der Bundespräsident dann an der Eröffnung des "Berliner Wochenendes für die Demokratie" teil. Eine Installation in der Friedrichstraße, Ecke Jägerstraße wird an die Barrikadenkämpfe erinnern, mit denen die Bevölkerung Berlins dem König politische Freiheitsrechte abrang. Ein vielfältiges Programm erinnert an die
Revolution, darunter Ausstellungen, interaktive Führungen, Performances und Diskussionsrunden. 

Freiheitsrechte aus Frankfurter Paulskirche

Am Montag, 27. März, besichtigt Steinmeier zusammen mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas das Original der Paulskirchenverfassung von 1849, das für wenige Tage im Bundestag gezeigt wird. Die Verfassung, von der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche beschlossen, war der Versuch, einen deutschen Nationalstaat auf demokratischer Grundlage zu schaffen. Sie formulierte erstmals einen Katalog politischer Freiheitsrechte. 

Kirche soll Gedenkort werden

Die Frankfurter Paulskirche als Gebäude steht im Mittelpunkt einer weiteren Veranstaltung: Der Bundespräsident hatte angeregt, sie zu einer modernen Erinnerungsstätte für die Demokratie weiterzuentwickeln. Am Freitag, 21. April, nimmt Steinmeier den Abschlussbericht einer Expertenkommission zur Zukunft des Gedenkortes in Schloss Bellevue entgegen.  

Der 18. Mai bildet den Höhepunkt des Gedenkens. An diesem Tag jährt sich der Zusammentritt der "Verfassunggebenden Versammlung der deutschen Nationen" in der Paulskirche zum 175. Mal. Der Bundespräsident hat die Schirmherrschaft übernommen. Beim Festakt in der Paulskirche hält er die Festrede; anschließend eröffnet er ein Demokratiefest auf dem Römerberg.

Quelle:
KNA