Die Ermittlungen gegen kirchliche Verantwortungsträger der Erzdiözese München und Freising in Sachen Missbrauch seien nun eingestellt. Entweder seien die Taten bereits verjährt gewesen oder den Verantwortlichen.
Den früheren Münchner Erzbischöfen Joseph Ratzinger (Papst Benedikt XVI.) und Friedrich Wetter sowie Generalvikar Gerhard Gruber - habe man keine Beihilfe nachweisen können, erklärte die Behörde bei einer Pressekonferenz in München. Sollten aber bisher anonym gebliebene Betroffene noch Anzeige in nicht verjährten Fällen erstatten, könne man Ermittlungen auch wieder aufnehmen.
Als Grundlage für ihre Untersuchungen diente den Ermittlern das von der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) im Auftrag der Erzdiözese München und Freising erstellte Missbrauchsgutachten, das im Januar 2022 veröffentlicht worden war. Es bezieht sich auf den Zeitraum 1945 bis 2019.
Nach den Worten des Leitenden Oberstaatsanwalts Hans Kornprobst ist dieses Gutachten für die kirchenrechtliche Aufarbeitung und gesellschaftliche Debatte von "großer Bedeutung"; strafrechtlich erweise es sich dagegen als "wenig ergiebig". Die meisten Fälle seien bereits verjährt oder die Beschuldigten schon gestorben.
"Keine strafrechtlichen Sonderrechte"
Zugleich widersprach Kornprobst Vorwürfen, wonach die Justiz die Kirchen mit Samthandschuhen anfasse. Gegen Kirchenangehörige werde genauso ermittelt wie gegen Politiker, Stars, Sportler oder Polizisten. "Die Kirche besitzt keine strafrechtlichen Sonderrechte." Auch sei die jüngste Durchsuchung des Erzbischöflichen Ordinariats und des Erzbischöflichen Palais, des Amtssitzes von Kardinal Reinhard Marx, in München "keine symbolische Aktion" gewesen, sondern aufgrund der Gegebenheiten erfolgt. Dem Erzbistum attestierte Kornprobst "uneingeschränkte Kooperation" und "unbedingten Aufklärungswillen".
Wie die zuständige Ermittlungsstaatsanwältin Angela Miechielsen weiter ausführte, waren von den 45 im WSW-Gutachten aufgelisteten Fällen sechs für die Justizbehörde relevant wegen möglicher verfolgbarer Taten. Darunter fand sich jener Fall des 1980 aus Essen nach München versetzten Priesters H. Der Vorgang um seine Person umfasst im Gutachten einen eigenen Band. Der Geistliche war 1986 vom Amtsgericht Ebersberg wegen Kindesmissbrauchs zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden, später aber wieder in der Pfarrseelsorge eingesetzt worden.
Der Verdacht, dass es im Erzbistum München und Freising nach wie vor noch einen sogenannten Giftschrank mit besonderen Personalakten gebe, habe entkräftet werden können, ergänzte Miechielsen. Dieser sei 2011 vom damaligen Generalvikar aufgelöst und die Dokumente seien den Personalakten zugeordnet worden. Auch im Geheimarchiv von Kardinal Marx, das einer Vorgabe des kirchlichen Gesetzbuchs CIC nach vorgehalten werden müsse, seien keine der Aufklärung dienenden Unterlagen gefunden worden.