Er ist immer wieder Thema: der Ramadan an Schulen. Vor allem wenn es um die Frage geht, wie sehr sich der islamische Fastenmonat auf die Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern auswirkt. Eine in allen Bundesländern gültige Handlungsempfehlung gibt es derzeit nicht. Eine Umfrage unter einzelnen Schulministerien zeigt unterschiedliche Prioritäten.
Für Muslime ist das Fasten eine der fünf Säulen ihrer Religion. Von der Morgendämmerung bis zum Fastenbrechen nach Sonnenuntergang dürfen sie in dieser Zeit nichts zu sich nehmen. Ausgenommen sind Schwangere und Stillende sowie Kranke und Kinder. Das Alter, ab dem gefastet werden soll, ist nicht eindeutig festgelegt. Oft werden Kinder schon ab dem Grundschulalter an das Fasten herangeführt und halten es ab der Pubertät konsequent ein.
Lehrerverband bestätigt wachsende Bedeutung
Nach Einschätzung des Deutschen Lehrerverbands spielt der Ramadan an Schulen eine immer größere Rolle. Das liege daran, dass der Anteil an Musliminnen und Muslime stetig steige. Darunter seien auch immer mehr Kinder, deren Eltern aus Ländern stammten, in denen ein "strenggläubiger, fundamentalistischer Islam" beheimatet sei, so der Verband auf Anfrage.
Für die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, Simone Fleischmann, ist klar: "Wenn wir Kinder integrieren wollen, müssen wir Rücksicht nehmen." Jedes Kind habe seine eigene Geschichte zu erzählen, die durch ein Wertegerüst und die Zugehörigkeit zu einer Kultur geprägt sei. Für diese Vielfalt müssten alle Schularten aufgeschlossen sein.
Schulen nehmen Rücksicht
Der Freistaat kommt Kindern und Jugendlichen im Ramadan insofern entgegen, als sie nach der Schulordnung "in begründeten Ausnahmefällen vom Unterricht in einzelnen Fächern befreit oder vom Schulbesuch beurlaubt werden" können. Die Einrichtungen entschieden in solchen Fällen "situativ angemessen und empathisch", so das zuständige Schulministerium. So werde während des Ramadans etwa im Sportunterricht auf Leistungserhebungen in Ausdauersportarten größtenteils verzichtet.
Laut dem Kultusministerium NRW sind Schulen ein geschützter Raum, in dem sich junge Menschen religiös entfalten können. Es liege in der Verantwortung der Lehrkräfte, gemeinsam mit den Eltern und den religionsmündigen Schülerinnen und Schülern Rahmenbedingungen zu schaffen, die das gesundheitliche Wohlbefinden und den schulischen Erfolg sicherstellten. Für religiöse Veranstaltungen mit besonderer Bedeutung würden Kinder und Jugendliche einen Tag beurlaubt.
Konflikt an "Brennpunktschulen"
Zu Konflikten während des Ramadans kommt es laut dem Deutschen Lehrerverband vor allem an "Brennpunktschulen". Dabei gehe es um Fragen wie "Wer ist der bessere Muslim oder die bessere Muslima" und "Wer befolgt den Koran im Ramadan am besten". Im Berliner Stadtteil Neukölln haben sich daher Moscheen, Schulen und Kulturvereine vor einiger Zeit auf die Handreichung "Islam und Schulen" verständigt.
Geschrieben steht dort unter anderem, dass Fasten eine Sache zwischen Mensch und Gott sei. Demnach geht es andere nichts an, ob jemand fastet oder nicht. Niemand dürfe deshalb diskriminiert werden. "Wer fastet und gleichzeitig flucht, schlägt, spuckt und andere nicht respektiert, verstößt gegen den Sinn des Fastens." Außerdem: Wenn zu befürchten ist, dass sich Schülerinnen und Schüler in Klassenarbeiten während des Ramadans verschlechterten, dürfe das Fasten verschoben werden, so die Broschüre. Es sei jedoch kein Freischein, um schulische Pflichten zu umgehen.
Dialog mit den Eltern
In Schleswig-Holstein werden Kinder und Jugendliche "individuell, verantwortungsvoll und mit Toleranz" begleitet, heißt es aus dem Ministerium. Gleichzeitig entbinde der Ramadan die Schülerinnen und Schüler nicht von Klassenarbeiten oder dem Sportunterricht. Dasselbe gilt für Hessen. Zwar seien Lehrkräfte für den Ramadan sensibilisiert, dennoch stünden bei der Planung von Klausuren oder Prüfungsterminen "schulorganisatorische Belange im Vordergrund". Auch bei Klassenfahrten überwiege die "hohe Bedeutung" für die Persönlichkeitsentwicklung.
Fleischmann setzt auf den Dialog mit den Eltern, wenn Grund zur Sorge besteht. Dabei gehe es jedoch nicht darum, in die religiöse Erziehung einzugreifen. Im besten Fall werde das Schuljahr bereits im Vorfeld so geplant, dass Feste oder etwa Schullandheime nicht auf den Ramadan oder andere religiöse Feiertage fielen.