Nicaragua geht auch in der Karwoche hart gegen Christen vor

"Versuch, die Kirche mundtot zu machen"

Keine Prozessionen in der Karwoche, Bischöfe und Priester wurden verhaftet. Nicaraguas Regierung geht hart gegen die katholische Kirche vor. Nur mehr politischer Druck kann daran etwas ändern, sagt Markus Rode von Open Doors.

Präsident Ortega hat Prozessionen in der Kar- und Osterwoche in Nicaragua verboten / © TLF Images (shutterstock)
Präsident Ortega hat Prozessionen in der Kar- und Osterwoche in Nicaragua verboten / © TLF Images ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Warum steht denn die katholische Kirche generell so im Fokus von Nicaraguas Regierung?

Open Doors Geschäftsführer Markus Rode / © N.N. (Open Doors)
Open Doors Geschäftsführer Markus Rode / © N.N. ( Open Doors )

Markus Rode (Leiter Open Doors Deutschland): Erstmal ist das erstaunlich, denn Nicaragua ist ja weitgehend ein christliches Land. 95 Prozent der knapp sieben Millionen Einwohner sind Christen, das heißt 60 Prozent davon Katholiken. Und doch steht es auf dem Welt Verfolgungs-Index von Open Doors, übrigens das erste Mal.

Markus Rode, Open Doors Deutschland

"Die katholische Kirche prangert seit Jahren die begangenen Ungerechtigkeiten und Menschenrechtsverletzungen der Regierung an"

Die katholische Kirche prangert seit Jahren die begangenen Ungerechtigkeiten und Menschenrechtsverletzungen der Regierung von Präsident Daniel Ortega und seiner Frau an. Das ist ihnen natürlich ein Dorn im Auge. Deshalb gibt es besonders Schikanen gegen einflussreiche Priester der katholischen Kirche, die mutig ihre Stimme gegen das Unrecht erhoben haben.

Der Ursprung liegt im Volksaufstand im April 2018. Während dieses Volksaufstands hat die katholischen Kirche die Korruption und Unterdrückung öffentlich angesprochen. Sie hat also die Menschen unterstützt, hat humanitäre Hilfe geleistet, hat vermittelt.

Das ist der Auslöser gegen eine regelrechte Verfolgungskampagne gegen katholische Priester gewesen, aber auch gegen die gesamte katholische Kirche in Nicaragua.

DOMRADIO.DE: Wie äußert sich das im Alltag der Gläubigen?

Rode: Es beginnt natürlich immer mit denen, die eine Stimme haben, und das sind die katholischen Priester. Es begann damit, dass Präsident Otega und seine Fraue versucht haben, sie mundtot zu machen. Ich erwähne seine Frau, weil sie Vizepräsidentin und wahrscheinlich sogar seine Nachfolgerin ist.

Daniel Ortega, Präsident von Nicaragua, und Vizepräsidentin Rosario Murillo / © Xin Yuewei/XinHua (dpa)
Daniel Ortega, Präsident von Nicaragua, und Vizepräsidentin Rosario Murillo / © Xin Yuewei/XinHua ( dpa )

Die haben öffentlich die katholische Kirche als destabilisierende Kraft bezeichnet. Es hat etliche Verhaftungen von katholischen Priestern gegeben, und die Auswirkungen gingen noch weiter.

Markus Rode, Open Doors Deutschland

"Das führt dazu, dass die Kirchen sogar von der Polizei umstellt werden, um die Christen an den Prozessionen zu hindern"

Man hat katholische Fernseh- und Radiosender und sogar die katholische Universität geschlossen und viele andere weitere Einrichtungen, aber auch NGOs insgesamt.

Und es geht weiter, es trifft auch die Katholiken insgesamt, denn Präsident Ortega hat alle öffentlichen religiösen Prozessionen während der gegenwärtigen Fastenzeit bis Ostern verboten. Das führt dazu, dass die Kirchen sogar von der Polizei umstellt werden, um die Christen an den Prozessionen zu hindern.

DOMRADIO.DE: Mitte März wurde ein Bischof zu 26 Jahren Haft verurteilt, weil er die Regierung kritisiert hatte. Inwiefern ist das jetzt eine neue Qualität der Repression?

Rode: Man versucht im Prinzip, die Köpfe der Kirche in dem Land mundtot zu machen. Am 12. März hat Papst Franziskus die nicaraguanische Regierung als Diktatur bezeichnet. Das Ergebnis war sofort gewesen, dass die diplomatischen Beziehungen zum Vatikan abgebrochen wurden, die vatikanische Botschaft in Managua wurde geschlossen und der Erzbischof des Landes verwiesen. Das hat schon stattgefunden.

Und Bischof Álvarez, der im Jahr 2018 und auch bis in die jüngste Vergangenheit hinein seine Stimme erhoben hat, wurde im August 2022 verhaftet, unter Hausarrest gestellt.

Man hatte versucht, ihn mit vielen anderen abzuschieben. 222 politische Gefangene sollten in die USA abgeschoben werden. Der Bischof hatte sich geweigert, in das Flugzeug zu steigen und das Land zu verlassen. Darauf hat man ihm das Bürgerrecht entzogen und ihn wegen Landesverrat unter anderem zu 26 Jahren Haft verurteilt, hat ihn sogar in ein Hochsicherheitsgefängnis gebracht, wo er in Isolationshaft gehalten wird.

DOMRADIO.DE: Wer kann denn Daniel Ortega stoppen? Wünschen Sie sich als Open Doors von der internationalen Gemeinschaft oder auch von der Bundesregierung lautere Kritik?

Rode: Es gab bereits Kritik von der Bundesregierung. Man muss sehen, dass sich Ortega überhaupt nicht stoppen lässt. Das zeigt sich auch daran, dass er sogar Priester ins Gefängnis wirft und unter falscher Anklage zu 26 Jahren Haft verurteilt. Andere Priester sind zu über zehn Jahren verurteilt worden.

Markus Rode, Open Doors Deutschland

"Es ist natürlich wichtig, dass die Christen für die politischen Gefangenen beten"

Es gibt natürlich Druck von der katholischen Kirche, aber was gemacht werden sollte, ist eine deutlich engere Kooperation der Bundesregierung mit der UN und der Organisation Amerikanischer Staaten. Hier kann man mit Sicherheit noch mehr Druck aufbauen.

Darüber hinaus ist es natürlich wichtig, dass die Christen für die politischen Gefangenen wie auch Bischof Rolando Alvarez beten, damit er nicht vergessen wird.

Das Interview führte Michelle Olion.

Nicaragua kappt diplomatische Beziehungen mit Vatikan

Nicaragua hat wohl die diplomatischen Beziehungen zum Heiligen Stuhl gekappt. Grund ist ein Interview des Papstes, in dem er das Regime mit ehemaligen kommunistischen Diktaturen und dem Nationalsozialismus verglichen hatte. Das berichtet die Zeitung "La Presa" aus Managua unter Berufung auf diplomatische Kreise in Rom.

Fahne Nicaraguas / © BUTENKOV ALEKSEI (shutterstock)
Quelle:
DR