Jurist kritisiert Verhandlungen um Staatsleistungen

Kirche ist offen für neue Regelungen

Der Jurist Johann Albrecht Haupt hat mehr Transparenz bei den Verhandlungen um die Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen gefordert. Das Verfahren verläuft seiner Meinung nach unfair. Man müsse alle Steuerzahler mitnehmen.

Ein Anwalt mit deutschen Gesetzestexten / © Cameris (shutterstock)
Ein Anwalt mit deutschen Gesetzestexten / © Cameris ( shutterstock )

Bund, Länder und Kirchen versuchten darüber derzeit "in einem abgeschlossenen Raum" Ergebnisse zu erzielen, kritisierte Haupt im Interview mit dem Deutschlandfunk (Montag). "Das halte ich nicht für fair."

Über die Hälfte der Menschen in Deutschland gehörten inzwischen zwar keiner der zwei großen Kirchen mehr an, müssten aber weiter für die Staatsleistungen und deren eventuelle Ablösung bezahlen. Mit diesen Menschen müsse auch gesprochen werden, "und das wird strikt verweigert", kritisierte das ehemalige Vorstandsmitglied der Humanistischen Union.

Zudem hätten auch andere säkulare Verbände ein Interesse an den Verhandlungen. "Da hätten wir erwartet, dass auch eine andersartige Stimme mal beteiligt gewesen wäre." Die Ablösung der historisch begründeten Staatsleistungen an die Kirchen, die sich jährlich auf rund 600 Millionen Euro belaufen, steht weiter zur Debatte.

Forderung nach neuen gesetzlichen Rahmen

Die Ampelkoalition muss auf Bundesebene einen gesetzlichen Rahmen dafür schaffen, dass die Staatsleistungen auf Landesebene abgelöst werden. Die Kirchen stehen dem offen gegenüber. Derzeit stocken die Verhandlungen jedoch.

Der Leiter der niedersächsischen Staatskanzlei, Jörg Mielke, hatte zuletzt der "Welt" gesagt, dass die Bundesländer die Pläne der Ampel-Koalition für die Ablösung der Staatsleistungen ablehnten. Als Begründung verwies er unter anderem darauf, dass "die Länder keinerlei Interesse daran haben, das bewährt gute Verhältnis zu den Kirchen mit Finanzdiskussionen zu belasten".

Staat sendet falsche Signale an die Kirche

Haupt kritisierte, den Kirchen werde damit von staatlicher Seite signalisiert, dass sie ihr Geld weiter erhielten. Solche Privilegien gegenüber anderen Organisationen seien "abartig". Eine Ablösungszahlung, die sich je nach Rechnung auf das 17- oder 18-Fache der jährlichen Beträge belaufen könne, hält Haupt für nicht erforderlich.

Die Staatsleistungen für die katholische Kirche gehen zumeist auf das Jahr 1803 zurück, als Kirchengüter enteignet wurden. Sie umfassen Geld- oder Sachmittel, in manchen Fällen auch die Übernahme der Besoldung von Bischöfen und Domherren sowie Zuschüsse zu Pfarrergehältern. Bei der evangelischen Kirche gehen die Leistungen laut Zeitung oft auf das 16. Jahrhundert zurück, als nach der Reformation Klöster aufgelöst und Bischöfe abgesetzt wurden und große kirchliche Güter an die Landesherren fielen.

Staatsleistungen an die Kirchen

Viele katholische Bistümer und evangelische Landeskirchen erhalten aus historischen Gründen regelmäßig Geld von Bundesländern. Die meisten dieser sogenannten Staatsleistungen gehen zurück auf das Jahr 1803: Damals wurden zahlreiche Kirchengüter auf der rechten Rheinseite enteignet und verstaatlicht. Nutznießer waren deutsche Reichsfürsten, die damit für Gebietsverluste an Frankreich auf der linken Rheinseite entschädigt wurden.

Symbolbild: Kirche und Finanzen / © Freedom Studio (shutterstock)
Symbolbild: Kirche und Finanzen / © Freedom Studio ( shutterstock )
Quelle:
KNA