"Früher hat man da immer dieses unglaublich hässliche, respektlose Wort vom 'welken Laub' benutzt, das von den Bäumen fällt, was nie so gestimmt hat. Aber jetzt sagen selbst kirchliche Mitarbeitende, dass sie nicht wissen, ob sie es noch mit ihrem Gewissen vereinbaren können, in dieser Kirche zu wirken", sagte Wiedenhaus im Interview des Portals katholisch.de am Dienstag.
Da gehe es nicht mehr um die Frage "Gehen oder Bleiben", sondern ob es moralisch vertretbar sei, zu bleiben. "Und das ist tatsächlich eine neue Qualität."
Gründe sind Missbrauch und Machtgehabe
Wiedenhaus leitet die Offene Kirche Sankt Klara in Nürnberg und hat das Format "Exit" ins Leben gerufen. Damit bietet er Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind oder es planen, Begleitung an. Als Gründe für einen Austritt nennen die Menschen seinen Angaben zufolge zum Beispiel Missbrauch und den Umgang damit. Es gebe auch Menschen, die in einer von der Kirche offiziell nicht anerkannten Partnerschaft lebten und sich fragten, "ob sie zu Leuten gehören sollen, die einen so wichtigen Teil ihres Lebens ins Nichts schieben".
Der Jesuit betonte: "Grundsätzlich sind es aber Leute, die unter der Unwilligkeit zu Änderung, diesem Machtgehabe in der Kirche leiden. Man hat ja den Eindruck, dass man in der Kirche gar nicht rational diskutieren kann, sondern alles über die Machtschiene entschieden wird."
Kein Recruiting für die Kirche
Menschen zum Bleiben in der Kirche zu bewegen, sei nicht seine Aufgabe, betonte Wiedenhaus. "Es ist nicht mein Job, Leute zu halten. Und ich fände es auch unanständig. Meine Aufgabe ist nicht, Rekrutierung für die Kirche zu betreiben. Meine Aufgabe besteht darin, Menschen zu helfen, dass sie die Fähigkeit haben, ihren Weg zu gehen."
Die derzeitige Situation der Kirche beurteilt der Jesuit als bedenklich: Aktuell sehe es nicht so aus, dass sich die Kirche reformiere und eine große Zukunft habe. "Vielleicht müssen wir wirklich erst komplett scheitern." Auch ihm selbst kämen durchaus Zweifel. "Unterstütze ich ein System, das im Grunde genommen nicht unterstützenswert ist? Oder ist das für mich immer noch der Boden, auf dem ich tatsächlich für Menschen da sein kann?" Er habe jedoch das große Glück, an einem Ort zu sein, an dem er mit Menschen in Kontakt komme und sie begleiten könne.