Viele Christen verbinden mit "Taizé" und der dortigen ökumenischen Gemeinschaft vor allem die berühmten Gesänge der 70er Jahre. Viele von ihnen stammen aus der Feder von Jacques Berthier (1923-1994). Wichtigstes Stilmittel für die "Gesänge von Taizé" ist das Ostinato, eine sich stetig wiederholende Melodie oder ein Rhythmus, zunächst immer mit lateinischem Text. Dazu wurden oft in der Oberstimme Soli in einer oder mehreren lebendigen Sprachen gestellt. Beispiele sind "Laudate omnes gentes", "Ubi caritas", "Nada te turbe" oder "Bleibet hier und wachet mit mir".
Die Geburtsstunde der "Gesänge von Taizé" war das "Konzil der Jugend" im Sommer 1974. Die Gemeinschaft stellte fest, dass der gemeinsame Gesang von Tausenden Jugendlichen aus vielen Ländern nicht gut funktionierte. Jede Nation brachte zwar ihre Gesangstradition und ihre geistlichen Lieblingsstücke mit - doch die Jugendlichen aus anderen Ländern mussten wegen fehlender Kenntnisse von Sprache oder Melodie meist stumm daneben sitzen. Auch Übersetzungen klappten nicht gut. Es brauchte gemeinsame Lieder für eine betende, internationale Jugend der 70er Jahre. Daraus wurde ein Welterfolg, der bis heute anhält.
Die Gesänge der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé in Burgund haben seit den 70er Jahren weite Verbreitung in der Kirchenmusik gefunden. Ihr Schöpfer war nicht allein der prominenteste von ihnen, Jacques Berthier (1923-1994; s. KNA-Porträt). Er hatte mindestens zwei Mitstreiter.
Joseph Gelineau (1920-2008) trat 1941 in den Jesuitenorden ein. Er studierte Theologie, Komposition und Orgel in Lyon und Paris. Sein theologisches Spezialgebiet waren Psalmen in der spätantiken syrischen Tradition. Seit 1953 lehrte er Pastoraltheologie und Musikwissenschaft in Paris und war Mitbegründer der Zeitschrift "Musique et Liturgie" und "Eglise qui chante" (Singende Kirche). Gelineau stand in engem Kontakt zur ökumenischen Gemeinschaft von Taizé.
Wichtigster Partner Berthiers war der Taizé-Bruder und Arzt Frère Robert Giscard (1923-1993), Cousin von Frankreichs früherem Staatspräsidenten Valery Giscard d'Estaing. Er war eines der ersten sieben Mitglieder der Gemeinschaft von Taizé. Als Medizinstudent kam er Ostern 1948 erstmals nach Taizé.
Bald beschloss er, nach Abschluss seines Studiums der Kommunität beizutreten. Er wirkte dort zunächst als Arzt; später kümmerte er sich um die Kirchenmusik. Gemeinsam mit Jacques Berthier entwickelte er die "Gesänge aus Taizé". "Einige Kanons wurden sogar telefonisch diktiert", erinnerte sich Berthier später. Wie dieser hätte auch Frère Robert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag feiern können. (KNA)