Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Zuhören

In einem entzückenden kleinen Video habe ich dieser Tage gesehen, wie einem Säugling zwei Hörgeräte angepasst worden sind und das Kind, als es die ersten Worte gehört hat, ein so strahlendes Lächeln hatte, das mir beim Zuschauen die Tränen gekommen sind.

"Das blind Sein trennt von den Dingen, aber das taub Sein trennt von den Menschen" ist eine Aussage, die sehr deutlich macht, was hören können wirklich bedeutet. "Höre, mein Sohn, auf die Weisung des Meisters, neige das Ohr deines Herzens, nimm den Zuspruch des gütigen Vaters willig an und erfülle ihn durch die Tat!" Dieser erste Vers aus dem Vorwort der Regel des Heiligen Benedikt ist 1400 Jahre alt. Und das Schma Jisrael oder Schema Jisrael gehört zu den wichtigsten Gebeten des Judentums aus dem Buch Deuteronomium, ist noch viel älter und bedeutet ebenso: Höre Israel.

Und dann erstaunt es nicht, dass es in den 10 Haltungen des Synodalen Weges ebenso um das Hören geht. Da heißt es: "Höre zu. Höre aufmerksam zu, bevor du sprichst. Versuche, den anderen zu verstehen, bevor du urteilst. Setze alles daran, die Aussage des Anderen zu retten, bevor du sie verwirfst. Halte Widersprüche aus und gib ihnen Zeit." Ein starker Text mit herausforderndem Inhalt. Ich merke immer wieder bei mir, dass ich im Zuhören schon damit beschäftigt bin, nach einer Antwort zu suchen. Aber damit werde ich dem Anliegen meines Gegenübers nicht gerecht. Und dann verstehen wollen. Das bedeutet ja auch, nachzufragen und um Erklärungen zu bitten. Damit ich nicht bei meiner inneren Deutung hängen bleibe, sondern wirklich verstehe.

Und der dritte Satz scheint mir der schwierigste: "Setze alles daran, die Aussage des Anderen zu retten, bevor du sie verwirfst." Puh, wenn wir das versuchen, immer wieder versuchen, verurteilen wir nicht so schnell, sondern drehen und wenden die Aussage, bis wir uns vorstellen könnten, damit positiv umzugehen, oder aber auch sie zu verwerfen. Meistens bin ich sehr viel schneller damit beschäftigt, Kontra zu geben und abzulehnen. "Halte Widersprüche aus und gib ihnen Zeit" dann das letzte Anliegen dieser klugen Haltung. Widersprüche aushalten ist echt nicht leicht und macht auch nicht unbedingt Spaß. Wir haben lieber Klarheit und Eindeutigkeit. Im Hören auf die unterschiedlichen Meinungen und Positionen kann aber auch ein kluges Handeln erwachsen, dass besser ist als ein schnelles Agieren als Reaktion auf Verschiedenheiten, die wir nicht aushalten können. Hören, Zuhören, verstehen wollen, Aussagen des Gegenübers retten, Widersprüche aushalten ist ein anstrengendes Programm, auch für heute.

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