DOMRADIO.DE: Wir leben in unfriedlichen Zeiten, die Menschen sehnen sich aber nach Frieden. Gerade für Christen hat der Friede eine ganz besondere Bedeutung.
Dr. Franz-Josef Overbeck (Bischof von Essen und Militärbischof der Deutschen Bischofskonferenz): Jesus hat gesagt:"'Ich bin Friede und sorge für den Frieden." Gleichzeitig kennen wir die Seligpreisungen. Die sagen: "Wer für den Frieden sorgt, gehört zu den Kindern Gottes." Ohne Frieden als Werk der Gerechtigkeit können wir nicht leben.
DOMRADIO.DE: Ist Frieden mehr ein Geschenk oder mehr eine Aufgabe?
Overbeck: Friede ist ein Geschenk und Friede ist Gnade und auf der anderen Seite auch das Werk von Menschen. Wir können weiterhin um die Gnade des Friedens beten, aber ohne das Mittun von Menschen wird er so schnell nicht kommen.
DOMRADIO.DE: Was können Menschen ganz konkret für den Frieden tun?
Overbeck: Im normalen Alltag können sie dafür sorgen, dass Gerechtigkeit lebendig wird. Sie können dafür sorgen, dass es viel Barmherzigkeit gibt und auch das, was wir Solidarität nennen.
Wir brauchen natürlich in vielfacher Weise auch das, was mit Rechtsstaatlichkeit zu tun hat. Davon bin ich immer fester überzeugt. Wir brauchen demokratische Verhältnisse, die auch Macht begrenzen. Und es braucht einen tiefen Sinn dafür, dass Menschen das, was sie zum Leben brauchen, auch bekommen. Ich finde, eine soziale Marktwirtschaft tut das.
DOMRADIO.DE: Auf der einen Seite sind Sie seit 2011 Militärbischof, auf der anderen Seite sind Sie der Adveniat-Bischof, der ganz besonders auf Lateinamerika schaut. Zerreißt Sie das?
Overbeck: Es gibt unendlich viele Konflikte, die auch zu den schwierigen Situationen in Lateinamerika geführt haben, die sehr kriegerisch sind. Wir haben diese Konflikte in Kolumbien, wir haben sie in vielen Gebieten des Amazonas, in Mexiko, und wir können auch an die bürgerkriegsähnlichen Zustände in Venezuela und in anderen Ländern denken.
Gleichzeitig wissen wir auch, dass es Männer und Frauen braucht, die für den Frieden eintreten. Das tue ich auch als Militärbischof. Wir müssen immer daran erinnern, dass Gewalt Menschen Schaden zufügt.
Wir müssen daran erinnern, dass Gewalt immer etwas ist, was Menschen Schaden zufügt. Wenn Gewalt erlaubt sein könnte, dann nur um Frieden zu schaffen.
DOMRADIO.DE: Hat sich durch den Angriffskrieg in der Ukraine Ihre Sichtweise auf Ihr Amt verändert?
Overbeck: Es hat mir deutlicher vor Augen geführt, was es bedeutet, als Militärseelsorger für den Frieden einzutreten. Wir können davon ausgehen, dass Jesus eine radikal pazifistische Einstellung hatte, der ja auch einen gewalttätigen Tod sterben musste.
Unter den konkreten Bedingungen ist das aber nicht so einfach zu realisieren. Das macht viele Menschen nachdenklich. Auch gerade solche, die immer gesagt haben: "Wir müssen unbedingt für den Frieden durch Gespräche eintreten." Wenn auf der anderen Seite Menschen sind, die nicht sprechen, wird das immer schwieriger.
DOMRADIO.DE: Was machen Sie privat ganz konkret im Alltag für den Frieden?
Overbeck: Ich sehe es so, dass wir unser Bistum zusammenhalten. Ich glaube, dass ist angesichts der Kirche in Deutschland und in der Welt eine große Aufgabe.
Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.
Information der Redaktion: Alle Informationen zur Rad-Pilger-Tour für den Frieden finden Sie hier.