Religionssoziologe sieht katholische Reformen am Ende

"Unauflösbares Spannungsverhältnis"

Der Religionssoziologe Detlef Pollack sieht die katholische Kirche in Deutschland an der Grenze ihrer Reformfähigkeit angekommen. Weiterreichende Strukturreformen stellten eine "tödliche Gefahr für die Institution" dar.

Demonstration der kfd für Reformen vor der fünften Synodalversammlung / © Maximilian von Lachner (SW)
Demonstration der kfd für Reformen vor der fünften Synodalversammlung / © Maximilian von Lachner ( SW )

Dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag) sagte er, wenn die Differenz zwischen Priesterschaft und den Laien außer Kraft gesetzt werden solle, werde das Wesen von Kirche als "heilige Institution" angegriffen: "Eine solche Operation überlebt die katholische Kirche nicht, oder sie ist nicht mehr die katholische Kirche."

Religionswissenschaftler Detlef Pollack / © Brigitte Heeke (epd)
Religionswissenschaftler Detlef Pollack / © Brigitte Heeke ( epd )

Die katholische Kirche sei in einem "tödlichen" Selbstwiderspruch gefangen, sagte Pollack. Nach katholischem Verständnis sei das Wirken der Kirche die Vorwegnahme göttlichen Heils. Dies werde gestützt durch die Priesterschaft, der ein eigener Zugang zum Heiligen zukomme. Gerade diese Überhöhung des geistlichen Amtes habe sich als Einfallstor für Missbrauch erwiesen. Es gebe ein "unauflösbares Spannungsverhältnis zwischen Moderne und katholischer Kirche".

Gibt sich Kirche selbst auf?

Viele Bischöfe in Deutschland seien durchaus reformwillig, sagte Pollack. Doch die Mehrheit von ihnen täusche sich über die Reformierbarkeit ihrer Kirche. "Die Frage ist tatsächlich: warum passiert so wenig? Und ich sage: Weil nichts passieren kann." Die katholische Kirche würde sich selbst aufgeben, wenn sie die Reformen so weit treibe, wie es notwendig sei.

Mit Blick auf die in der vergangenen Woche veröffentlichten Kirchenaustrittszahlen der deutschen Bistümer spricht Pollack von einem Abriss infolge enttäuschter Erwartungen. Die Kirchenbindung der Katholiken sei inzwischen auf "protestantisches Niveau" gesunken. Er sprach von einem "disruptiven Geschehen".

Synodaler Weg

Der Begriff "Synodaler Weg" verweist auf das griechische Wort Synode. Es bedeutet wörtlich "Weggemeinschaft"; im kirchlichen Sprachgebrauch bezeichnet Synode eine Versammlung von Bischöfen oder von Geistlichen und Laien.

Der Reformdialog Synodaler Weg dauerte von Ende 2019 bis Frühjahr 2023. Dabei berieten die deutschen katholischen Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) zusammen mit weiteren Delegierten über die Zukunft kirchlichen Lebens in Deutschland.

Das gelochte Metallkreuz und Teile des Schriftzugs Synodaler Weg  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Das gelochte Metallkreuz und Teile des Schriftzugs Synodaler Weg / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
epd