Schmerzensgeld-Urteil gegen Erzbistum Köln rechtskräftig

Keine Rechtsmittel eingelegt

Ein wegweisendes Urteil ist rechtskräftig. Das Erzbistum Köln muss einem Missbrauchsopfer 300.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Damit ist auch klar, dass eine Diözese für Vergehen ihrer Mitarbeiter haftbar gemacht werden kann.

Autor/in:
Michael Althaus
Symbolbild Richterhammer / © LightField Studios (shutterstock)
Symbolbild Richterhammer / © LightField Studios ( shutterstock )

Das Erzbistum Köln muss einem Missbrauchsbetroffenen 300.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Ein entsprechendes Urteil vom 13. Juni sei rechtskräftig, sagte eine Sprecherin des Landgerichts Köln am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Innerhalb einer einmonatigen Frist nach Zustellung des schriftlichen Urteils seien keine Rechtsmittel eingelegt worden.

Erstmals Frage der Amtshaftung geklärt

Es ist das erste Mal, dass ein deutsches Gericht einem Opfer von sexualisierter Gewalt in der Kirche einen Anspruch auf Schmerzensgeld zubilligt. Geklagt hatte der ehemalige Messdiener Georg Menne, der einem inzwischen gestorbenen Priester vorwirft, ihn in den 1970er Jahren mehrere hundert Male missbraucht zu haben. Das Erzbistum hatte in dem Fall darauf verzichtet, sich auf die Einrede der Verjährung zu berufen.

Kerstin Claus / © Kay Nietfeld (dpa)
Kerstin Claus / © Kay Nietfeld ( dpa )

Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, sagte der "Rheinischen Post" (Dienstag), mit dem Urteil sei erstmals gerichtlich die Frage der Amtshaftung durch Institutionen für Missbrauchstaten geklärt worden. "Das wird sicherlich Auswirkungen haben auf das Entschädigungs- beziehungsweise Anerkennungssystem, wie es aktuell von den Kirchen praktiziert wird."

Sowohl Menne als auch das Erzbistum hatten bereits in der vergangenen Woche öffentlich erklärt, keine Rechtsmittel einzulegen. Menne machte für seine Entscheidung laut "Kölner Stadt-Anzeiger" gesundheitliche Motive geltend. Es sei ihm in dem ganzen Verfahren nicht in erster Linie um Geld gegangen, sagte der 64-Jährige der Zeitung. "Mir war es wichtig, dass es zu einem Urteil kam. Ich bin aufgestanden und habe der Kirche Grenzen aufgezeigt."

Kardinal Woelki begrüßt Entscheidung

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki hatte schon unmittelbar nach dem Urteil die Entscheidung des Gerichts begrüßt und erklären lassen, dass das Erzbistum für das erlittene Unrecht und das Leid der Opfer die institutionelle Mitverantwortung übernehme.

Rainer Maria Kardinal Woelki / © Marius Becker (dpa)
Rainer Maria Kardinal Woelki / © Marius Becker ( dpa )

Dem Urteil wird grundsätzliche Bedeutung für weitere Verfahren zugemessen, die Missbrauchsopfer gegen die Kirche angestrengt haben und in Zukunft anstrengen könnten. Mennes Anwalt hatte vor kurzem Klage für die Pflegetochter eines aus dem Klerikerstand entlassenen Priesters eingereicht. Für die an ihr begangenen Verbrechen fordert die Frau vom Erzbistum ein Schmerzensgeld von 830.000 Euro sowie 20.000 Euro im Vorgriff auf den Ausgleich künftiger immaterieller Schäden.

Auswirkungen auf kircheninternes Zahlungssystem

Auch könnte das Urteil Auswirkungen haben auf das kircheninterne System für Zahlungen an Missbrauchsbetroffene, die von vielen als zu niedrig empfunden werden. Die für die Zahlungen verantwortliche Unabhängige Kommission zur Anerkennung des Leids (UKA) orientiert sich nach eigenen Angaben "am oberen Bereich der durch staatliche Gerichte in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgelder".

Kläger Georg Menne (r) sitzt mit einem seiner Anwälte Eberhard Luetjohann vor der Verhandlung im Gerichtssaal im Landgericht Köln / © Thomas Banneyer (dpa)
Kläger Georg Menne (r) sitzt mit einem seiner Anwälte Eberhard Luetjohann vor der Verhandlung im Gerichtssaal im Landgericht Köln / © Thomas Banneyer ( dpa )

Die Kommission hatte sich offen für höhere Zahlungen gezeigt, wenn das Kölner Urteil rechtskräftig werde.

Menne hatte im Rahmen dieses kircheninternen Systems 25.000 Euro erhalten. Diese müssen laut Gericht auf die Schmerzensgeldzahlung angerechnet werden.

Erzbistum Köln muss 300.000 Euro an Missbrauchsopfer zahlen

Das Erzbistum Köln muss 300.000 Euro Schadensersatz an einen Missbrauchsbetroffenen zahlen. Das entschied das Landgericht Köln.

Der Betroffene hatte 725.000 Euro Schmerzensgeld sowie 80.000 Euro für mögliche künftige Schäden verlangt. Er hatte bereits 25.000 Euro von der Diözese in Anerkennung seines Leids erhalten. Bei einem ersten Verhandlungstermin Anfang Dezember hatte Richter Stephan Singbartl einen Vergleich vorgeschlagen. Es kam jedoch nicht zu einer Einigung. Der Prozess könnte Vorbildcharakter für weitere Schmerzensgeldklagen gegen die katholische Kirche haben.

Richterhammer mit Rosenkranz / © Jiri Hera (shutterstock)
Richterhammer mit Rosenkranz / © Jiri Hera ( shutterstock )
Quelle:
KNA