Das sagte Steffensky im Interview der "Zeit"-Beilage "Christ und Welt". Steffensky war mit der 2003 verstorbenen evangelischen Theologin Sölle verheiratet. "Sie hat zum Beispiel sehr gern abgeschrieben von mir", so der Theologe mit einem Lachen.
Sie hätten ihre Texte nicht nur wechselseitig gelesen, "sondern auch mit Passagen jongliert", sagte Steffensky. Gestört habe ihn dies nie - "das empfand ich immer wie ein Liebesspiel". Er erinnerte sich an eine Begegnung mit der Bischöfin Maria Jepsen bei der Trauerfeier für Sölle: "Es wurde ein Text gelesen, und Maria Jepsen beugt sich zu mir rüber und sagt: Zwei Sätze, und man weiß - es ist Dorothee! Ich sage: Maria, du irrst, dieser Text ist von mir."
Man kann nicht lieben, wie man geliebt hat
Aus seinem Gedächtnis und seiner Seele sei Sölle nicht verschwunden. "Aber sie ist gestorben", so Steffensky. "Das ist eine der Härten über die Toten: Man kann sie nicht halten, und man kann sie nicht lieben, wie man sie geliebt hat." Man verrate die Liebe jedoch nicht, wenn man die Trauer ziehen lasse: "In Wahrheit fängt einfach das Leben wieder an. Und niemand hat ein Recht, sich gegen das Leben zu wehren."
Die Lyrikerin und evangelische Theologin Sölle wurde 1929 in Köln geboren. Sie engagierte sich in der Friedensbewegung und protestierte gegen die atomare Aufrüstung. Ihre Politischen Nachtgebete Ende der 60er Jahre in Köln lösten heftige Kontroversen mit den beiden großen Kirchen aus. Im Alter von 73 Jahren erlag sie einem Herzinfarkt.