Dr. Michael Schlagheck (Leiter des Augustinus Forums): Sie haben die Veranstaltung am Donnerstagabend mitorganisiert. Die Überschrift des Forums lautet: Können die tiefgreifenden Veränderungen gelingen auf dem Weg zu mehr Klimaschutz? Wo sehen Sie beim Klimaschutz die entscheidenden Knackpunkte?
Schlagheck: Wir haben eine dramatische Erwärmung des Klimasystems, haben dramatische Veränderungen, und zugleich gibt es – das mag manche auch überraschen – einen großen Teil der Bevölkerung, die Veränderungen für erforderlich halten. Neun von zehn Deutschen halten den Umbau der Wirtschaft und Veränderungen für erforderlich.
Keineswegs nur junge Menschen, aber natürlich gerade diese. Das Problem ist klar. Der Weg ist allerdings schwierig. Er wird nicht zuletzt von Populisten in der Debatte missbraucht und benutzt, darf ich sagen. Denn sie greifen Streitthemen auf. Sie skandalisieren, sie überhöhen und machen Lösungen damit auch ein Stück weit unmöglich.
Genau da wollen wir Donnerstagabend in Neuss ansetzen. Wir möchten zeigen, dass man über die Thematik und über den Weg streiten kann, auch streiten muss. Aber das es in einer Weise passiert, dass man ethische Verantwortung, Fachwissen und Handlungsorientierung zusammenbekommt und somit sachlich streiten kann.
DOMRADIO.DE: Sie erwarten beim Augustinus Forum in Neuss auf dem Podium hochkarätige Gäste. Wer wird miteinander diskutieren?
Schlagheck: Zum einen Mona Neubaur, die Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie. Ich habe bewusst den ganzen Titel genannt, um das Spektrum deutlich zu machen. Weiter kommen der Präsident von Handwerk NRW, Andreas Ehlert, und Johannes Pöttering, der Hauptgeschäftsführer von Unternehmer NRW. Das Ganze wird von einer Wirtschaftsjournalistin moderiert, von Katja Scherer.
DOMRADIO.DE: Klimaschutz, ja! Dafür sind alle. Aber dann fliegen viele Menschen doch mit dem Billigflieger in den Urlaub. Das zeigt auch den Zwiespalt. In diesem Jahr meldet die Flugbranche Rekordzahlen. Wenn es um die persönlichen Interessen geht, scheint keiner mehr Abstriche machen zu wollen?
Schlagheck: Ja, damit ist ein Problem beschrieben. Papst Franziskus hat in seiner Umwelt-Enzyklika schon vor einigen Jahren geschrieben: Veränderung ist möglich. Wir wissen, dass sich Dinge ändern können. Das waren die Formulierungen. Er sprach von einer kulturellen Revolution. Das betrifft die Haltungen der einzelnen Menschen. Wir können etwas ändern.
Aber selbst die Summe aller einzelnen Handlungen würde nicht reichen. Es sind in der Tat auch systemische und politisch gesteuerte Korrekturen erforderlich. Es muss das Handeln der und des Einzelnen, aber auch das Gesamthandeln koordiniert werden.
DOMRADIO.DE: Dabei sagen Klimaforscher, dass wir schon hinterherhinken und viel mehr Tempo im Klimaschutz machen müssen. Was macht Sie optimistisch, dass wir die Klimawende noch hinbekommen?
Schlagheck: Weil das Bewusstsein allgemein gestiegen ist. Weil so viele Menschen inzwischen wissen, dass es erforderlich ist. Aber zugleich zeigt sich ein großer Teil besorgt über die sozialen Auswirkungen, über die Unterschiede zwischen Arm und Reich. Sie haben Sorge, dass sie sogar einen sozialen Abstieg erleiden. Da glaube ich, sind Veränderungen nötig, dass die Debatte versachlicht wird und rausgezogen wird aus populistischen Meinungsmachen.
Es ist zum großen Teil, das hat das Heizungsgesetz und die Debatte gezeigt, auch eine Kommunikationsthematik. Wie sprechen wir darüber? Wie konsequent kündigen wir Veränderungen an? Da müssen wir Menschen mitnehmen. Das gelingt durch transparente Debatten. Deshalb debattieren wir Donnerstagabend auch.
DOMRADIO.DE: Was erwarten Sie von der Diskussion konkret?
Schlagheck: Wir werden über Fachkräftemangel sprechen. Wir werden über wirtschaftliche Veränderungen reden. Wir wollen darüber reden, dass zum einen Industrie, Wirtschaft und Menschen Sorgen haben, aber zum anderen möchten wir auch deutlich machen, dass ein technologiegetriebener Transformationsprozess auch Chancen für die Wirtschaft bietet. Wir möchten die Chancen herausarbeiten und Mut machen zur Veränderung.
Das Interview führte Katharina Geiger.