Bundeskabinett beschließt "Selbstbestimmungsgesetz"

Erleichterungen bei Geschlechtseintrag

Künftig sollen transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister und ihre Vornamen einfacher ändern können. Das sieht das neue "Selbstbestimmungsgesetz" vor.

 ©  Peter Steffen (dpa)
© Peter Steffen ( dpa )

Das Kabinett in Berlin hat das neue "Selbstbestimmungsrecht" an diesem Mittwoch auf den Weg gebracht. Zur Änderung des Geschlechtseintrags soll künftig eine "Erklärung mit Eigenversicherung" gegenüber dem Standesamt ausreichen. Sie soll drei Monate vor der Erklärung gegenüber dem Standesamt angemeldet werden. Die Entscheidung kann dann frühestens nach einem Jahr geändert werden. Bei Minderjährigen bis 14 Jahren entscheiden die Sorgeberechtigten.

Ab 14 Jahren können Minderjährige die Erklärung selbst abgeben, sofern eine Zustimmung der Sorgeberechtigten vorliegt. In Streitfällen muss ein Familiengericht im Sinne des "Kindeswohls" entscheiden. Die Reform betrifft nicht geschlechtsangleichende Operationen.

Nachbesserungen beim Thema Hausrecht

Das Offenbaren der früheren Namen oder Geschlechtszugehörigkeit ist laut Entwurf grundsätzlich verboten. Betroffene können Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen. Nennt jemand bewusst die frühere Identität und es tritt für den Betroffenen ein Schaden ein, wird ein Bußgeld fällig. Es gibt allerdings Ausnahmen, etwa wenn die Nennung aus rechtlichen Gründen erfolgt.

Nachgebessert wurde der Gesetzentwurf mit Blick auf das Hausrecht: Danach ist es weiterhin möglich, Personen, die ihren Geschlechtseintrag geändert haben, über das Hausrecht den Zutritt etwa zu Schutzräumen wie Frauenhäuser oder auch Saunen und Fitnessstudios zu verweigern. Zudem geht der Entwurf auf Bedenken des Bundesinnenministeriums ein und ermöglicht Sicherheitsbehörden, die Identität von Personen nachzuverfolgen.

Ablösung für das Transsexuellengesetz

Die Regelung soll das Transsexuellengesetz ablösen, dass vor einer Änderung des Geschlechtseintrags zwei psychiatrische Gutachten vorsah. Das Bundesverfassungsgericht hat Teile dieses Gesetzes als verfassungswidrig eingestuft.

Familienministerin Lisa Paus und Justizminister Marco Buschmann verteidigen das neue Gesetz / © Michael Kappeler (dpa)
Familienministerin Lisa Paus und Justizminister Marco Buschmann verteidigen das neue Gesetz / © Michael Kappeler ( dpa )

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte: "Das geltende Recht schikaniert transgeschlechtliche Menschen. Wir wollen diesen unwürdigen Zustand beenden und zeitgemäße Regeln für die Änderung des Geschlechtseintrags schaffen." Nach den Worten von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) verwirklicht die Regelung "das Recht jedes Menschen, in seiner Geschlechtsidentität geachtet und respektvoll behandelt zu werden". Es diene dem Schutz lang diskriminierter Minderheiten.

Union kritisiert Gesetzentwurf

Die Antidiskriminierungsbeauftragte, Ferda Ataman, forderte hingegen eine weitergehende Regelung. Der Entwurf sehe sogar Verschlechterungen vor wie die Anmeldefrist oder Datenübermittlungspflichten an Sicherheitsbehörden.

Heftige Kritik am Gesetzentwurf kam von der Union. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warf der Bundesregierung vor, Warnungen vor Missbrauch zu ignorieren. "Die Idee, sein Geschlecht jedes Jahr neu selbst bestimmen zu können, kann man nur als eine Geschichte aus dem Tollhaus bezeichnen", sagte er der "Augsburger Allgemeinen".

Quelle:
KNA