DOMRADIO.DE: Das muss eine ungeheure Naturgewalt gewesen sein, die da am Samstag auf ihre Region niedergegangen ist. Dabei soll das Unwetter nicht länger als zehn Minuten gedauert haben.
Pater Claudius Amann (ehemaliger Leiter des Klosters Benediktbeuern): Sie haben das in treffende Worte gekleidet. Ich war in meinem Zimmerbereich und habe in den Innenhof hineingeschaut. Es sind orkanartige Böen entstanden. Ich war gespannt, ob unsere Bäume dem standhalten. Wir haben da eine 300 Jahre alte Rotbuche, die hat es ausgehalten.
Plötzlich hörte ich hinter mir auf der Westseite, dass es klappert und klirrt. Ich ging raus und schaute in das Treppenhaus. Alle Scheiben sind nacheinander durch den Hagel zusammengeschlagen worden. So etwas habe ich noch nie erlebt.
Dann bin ich in ein paar Zimmer gegangen. da war es genau so. Ich habe die Türen sofort wieder zugemacht, denn die Glassplitter sind bis zur Tür gespritzt. Das war eine gefährliche Angelegenheit.
DOMRADIO.DE: Sind denn Menschen zu Schaden gekommen? Das ist ja erstmal die wichtigste Frage.
Pater Claudius: Da haben wir wirklich Gottes Segen erfahren. Nein, es sind keine Menschen zu Schaden gekommen. Es gab ein paar kleinere Schnittverletzungen, aber das ist nicht nennenswert. Auch im ganzen Gebiet, auch im Dorf ist niemand zu Schaden gekommen.
DOMRADIO.DE: Auf Ihrem Klostergelände beschäftigen Sie sich seit einigen Jahren ausgerechnet mit dem Klima und der Umwelt. Das Zentrum für Umwelt und Kultur ist bei Ihnen entstanden. Ihr Kloster Benediktbeuern hat es jetzt schwer getroffen. Welche Schäden gibt es außer den zerstörten Fenstern noch?
Pater Claudius: Die Dächer sind ziemlich lädiert. Es betrifft alle Dächer, die nach Westen ausgerichtet sind. Es gibt kein Dach, das nach Westen ausgerichtet ist, das nicht zu 20 bis 70 Prozent zerstört ist. Das heißt, die Dachziegel sind zerschlagen. Da liegen ganze Felder roter Trümmer von herabgestürzten Dachziegeln im Innenhof.
DOMRADIO.DE: Wie können Sie verhindern, dass Wasser ins historische Kloster läuft, wenn es nächstes Mal regnet?
Pater Claudius: Aus diesem Grund haben wir uns bei der Feuerwehr gemeldet. Die haben natürlich alle Hände voll zu tun. Die hatten schon einiges abgearbeitet, sind dann zu uns gekommen und haben mit dem THW und mit der Polizei geschaut, dass die Dächer jetzt abgedeckt werden. Das heißt, es werden Planen aufgezogen. Die Dächer, unter denen historisch bedeutsame Räume sind, sind inzwischen abgedeckt.
DOMRADIO.DE: Das Klostergebäude stammt aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Ist da auch historische Bausubstanz zerstört worden?
Pater Claudius: Derzeit zum Glück noch nicht. Wir haben einen Barocksaal im Konventgebäude. Wir haben eine wunderschöne ehemalige Klosterkirche, die der Pfarrei Benediktbeuern gehört. Die konnte gesichert werden. Genauso die Anastasien-Kapelle. Die kann sich mit der Wieskirche hier in Oberbayern messen.
Das ist alles inzwischen so weit abgesichert, dass zumindest das Nötigste getan ist, damit es keinen großflächigen Wassereinbruch mehr gibt. Im Barocksaal ist teilweise schon ein bisschen Wasser von der Decke getropft. Aber inzwischen hat es aufgehört. Der Feuerwehr, dem THW und der Polizei ist es gelungen, durch Planen, die über die großen Dächer gespannt sind, die Lage soweit in den Griff zu bekommen. Eine Mammutleistung.
DOMRADIO.DE: Sie sind Salesianerbrüder. Bei ihnen gibt es viele junge Menschen, die als Volunteers arbeiten. Packen die jetzt alle mit an?
Pater Claudius: Ganz genau. Wir sind ein Kloster für die jungen Menschen. Wir haben derzeit an die 40 Volontäre, junge Frauen und junge Männer. Das sind diejenigen, die eigentlich jetzt, Ende August, ihren Dienst beendet hätten. Es sind aber auch schon die Neuen da.
Alle haben mit Hand angelegt. Denn in den ersten Stunden nach der Katastrophe war ja keine Feuerwehr, kein Hilfswerk verfügbar. Da haben alle Helfenden die Fenster so weit durch Planen abgesichert, dass zumindest der immer noch herabfallende Regen nicht in die Räume hineingelangt ist.
DOMRADIO.DE: Ihre Gäste mussten am Wochenende dann auch das Kloster verlassen. Sie mussten sie nach Hause schicken. Sind das Kloster und die Klosteranlage überhaupt noch begehbar?
Pater Claudius: Derzeit leider nicht. Wir haben auch auf der Homepage die Meldung: Bitte kommt nicht zum Kloster Benediktbeuern, weil durch die Gefahr der herabfallenden Dachziegel immer noch Leib und Leben in Gefahr sind.
DOMRADIO.DE: Wie geht es jetzt weiter? Es wird vermutlich lange dauern, bis alle Schäden behoben sind.
Pater Claudius: Das wird in die Millionen gehen. Inzwischen finden auch Gespräche mit der entsprechenden Versicherung statt, mit der bayerischen Versicherungskammer. Dann müssen wir schauen, dass wir sukzessive Konzepte entwickeln und überlegen, was wir jetzt mit allen eingeschlagenen Fenstern machen. Wo kriegen wir Glaser her? Wo kriegen wir Dachdecker her, die die Dächer überprüfen, die Lattung neu setzen?
Die Ziegel sind eine Spezialanfertigung. Die müssen erst angefertigt werden. Auch das wird eine Mammutaufgabe werden.
Das Interview führte Katharina Geiger.