DOMRADIO.DE: Eine "Kirchenhütte" hört sich wie ein ganz normaler Stand auf einem Weihnachtsmarkt an. Welche Aufgabe hat diese Hütte?
Dr. Wolfgang Picken (Stadtdechant von Bonn): Die "Kirchenhütte" hat hier in Bonn eine lange Tradition. In den letzten fünf Jahren gab es diese Hütte nicht, weil sie immer auf dem Gelände des Bonner Münsters stand. Das war aber geschlossen.
Für die evangelische und katholische Kirche war es wichtig, mitten in einem eher kommerziellen Weihnachtsmarkt an der Fassade des Bonner Münsters einen Gegenakzent zu setzen und darauf hinzuweisen, dass Weihnachten einen religiösen Bezug hat. Es geht nicht nur um Konsum, sondern darum, dass der Mensch nachdenklich wird und sich vielleicht anregen lässt, Nächstenliebe und soziales Engagement umzusetzen.
Das war immer ein erfolgreiches Angebot, das von den Leuten sehr angenommen wurde. Wir sind froh und dankbar, dass der Bauzaun weg und das Münster fertig ist und wir die Gelegenheit haben, die "Kirchenhütte" mit neuem Konzept wieder zu realisieren.
DOMRADIO.DE: Was erwartet die Weihnachtsmarktbesucher an der "Kirchenhütte"?
Picken: Die "Kirchenhütte" wird keine "Kirchenhütte" mehr sein. Das ist der erste große Änderung. Wir stellen in der Stadtgesellschaft fest, dass es immer wichtiger wird, die sozialen Institutionen zusammenzurücken und miteinander zu arbeiten. Die Probleme werden immer größer, und wir werden sie nur bewältigen können, wenn wir gemeinsam in die Öffentlichkeit treten und für das soziale Engagement werben.
Deswegen haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir die "Kirchenhütte" neu gestalten können und haben uns "Engel" zum Thema gemacht.
Zwölf soziale Institutionen haben sich gefunden, die in diesem Jahr die Weihnachtshütte gestalten werden und in der Gesellschaft versuchen, Engel für andere zu sein.
Wir werden diese Hütte drei Wochen lang in der Adventszeit betreiben und jede Institution rückt je zwei Tage in den Vordergrund und kann seine Arbeit vorstellen. Dazu produziert jede Institution oder Einrichtung ein Giveaway, dass den Hintergrund ihrer Arbeit erklärt.
DOMRADIO.DE: Es lohnt sich also für die Bonner, jeden zweiten Tag vorbeizuschauen, wenn es da immer etwas Neues gibt.
Picken: Ja. Aber nicht nur die Bonner lernen die verschiedenen sozialen Einrichtungen kennen, auch die Institutionen vernetzen sich untereinander. Auch wenn an zwei Tagen immer nur eine Institution im Vordergrund steht, sind die anderen im Hintergrund präsent. Wir versprechen uns viele positive Impulse von der Hütte.
DOMRADIO.DE: Sie suchen Ehrenamtler, die den Stand im Advent begleiten. Welche Aufgaben erwartet diese auf dem Markt?
Picken: Wir sind flexibel und müssen sehen, wie viele Leute sich melden werden. Dann können wir die Öffnungszeiten festlegen. In drei Vorbereitungsabenden werden wir die Ehrenamtler vorbereiten. Sie sollen alle zwölf Institutionen und deren zwölf Produkte kennenlernen, sodass sie nicht nur die Leute begrüßen und den Fachleuten aus den Institutionen die Gespräche überlassen.
Die Ehrenamtler werden in die soziale Infrastruktur dieser zwölf Institutionen eingeführt. Dann gibt es Schulungen, wie man Gespräche führt und Informationen, wohin man die Menschen verweisen kann, die eine soziale Not haben. Prävention spielt auch eine Rolle. So hoffen wir die Hütte gut betreiben zu können.
DOMRADIO.DE: Wo kann man sich melden, wenn man helfen will und Zeit hat?
Picken: Wir haben eine Emailadresse, die ehrenamt@bonner-muenster.de heißt. Dort kann man sich melden. Da sind schon eine ganze Reihe Mails eingegangen. Wir freuen uns, wenn sich möglichst viele melden.
So hat man die Möglichkeit, selbst wenn man mit Kirche nicht viel zu tun hat oder wenn man von einer ganz anderen sozialen Institution kommt, einfach mal reinzuschnuppern. Vielleicht sind die Tage an der Hütte ein Einstieg in ein ehrenamtliches Engagement.
Das Interview führte Michelle Olion.