Eine theologische Betrachtung zum Fest der Erzengel

Anteil an der göttlichen Wirklichkeit

Viele, auch kirchenferne Menschen mögen die Vorstellung, dass es Engel gibt, die auf sie aufpassen. Es gibt sie in fast allen Religionen und auch in der christlichen Tradition sind sie beheimatet. Ein Blick zum Erzengelfest.

Autor/in:
Fabian Brand
Darstellung des Erzengels Gabriel und der Jungfrau Maria / © Volodja1984 (shutterstock)
Darstellung des Erzengels Gabriel und der Jungfrau Maria / © Volodja1984 ( shutterstock )

Engel sind omnipräsent: Es gibt sie in verschiedensten Formen und Ausführungen, als Schutzengel und Wegbegleiter, als Handschmeichler, Motiv für Tassen und T-Shirts sowie in Form kleiner Geschichten zum Lesen für zwischendurch.

Die Kirche feiert im Übergang vom September in den Oktober gleich zwei Feste, die mit Engeln in Verbindung stehen: am 29. September das Fest der Erzengel Michael, Gabriel und Rafael, dann am 2. Oktober das Schutzengelfest.

Doch wer sind diese Engel überhaupt? Und was ist ihre Aufgabe im Hofstaat Gottes? Ein kleiner Blick in die Theologiegeschichte soll diesen Fragen nachgehen.

Blick ins Alte Testament

Im Alten Testament tauchen Engel vor allem in den Büchern Jesaja, Ezechiel und Micha auf, also in den Büchern der Propheten. Dort werden sie als Thronrat Gottes vorgestellt; sie sind Wesen, die den Thron Gottes umringen und auf diesen Acht geben. Diese Engel werden im Alten Testament als Cherubim und Seraphim bezeichnet.

Statue des Erzengels Michael in Rom / © OLF Picture (shutterstock)
Statue des Erzengels Michael in Rom / © OLF Picture ( shutterstock )

Neben diesen Visionen der Propheten tauchen Engel im Alten Testament auch als Boten Gottes auf: Der Engel des Herrn ist es zum Beispiel, der Abraham in letzter Sekunde davor bewahrt, seinen Sohn Isaak zu opfern (Gen 22,11ff). Dem Mose erscheint der Engel des Herrn im brennenden Dornbusch, um ihm dort den Gottesnamen zu offenbaren (Ex 3,2ff). Und bei Ezechiel (14,19ff) erfahren wir, dass es der Engel Gottes ist, der den Israeliten auf ihrem Zug durch die Wüste ins Gelobte Land vorangeht.

Immer wieder tauchen also Engel im Alten Testament auf, um gewissermaßen als Verbindungsglied zwischen Gott und den Menschen zu dienen. Dort, wo die Menschen besonders auf Gottes Nähe und Hilfe angewiesen sind, erfahren sie diese auch durch seine Boten, die wir Engel nennen.

Und im Neuen Testament?

Im Neuen Testament hingegen kommen einige prominente Engel vor, von denen im Lauf des Kirchenjahres immer wieder zu hören ist: Da ist zunächst der Verkündigungsengel zu nennen, der Maria die Botschaft überbringt, dass sie ein Kind empfangen wird (Lk 1,35ff).

Die Erzengel Michael, Raphael und Gabriel / © Tiberiu Stan (shutterstock)
Die Erzengel Michael, Raphael und Gabriel / © Tiberiu Stan ( shutterstock )

Da ist aber auch der Engel, der am Ostermorgen im leeren Grab sitzt und den Frauen die Botschaft von der Auferstehung Jesu verkündet. Und schließlich tauchen Engel im letzten Buch des Neuen Testaments - der Offenbarung des Johannes - auf: Dort werden sie als jene vorgestellt, die am Ende der Tage erscheinen, um Gericht über diese Welt zu halten. Am Ende der Tage wird demnach der Engel erscheinen, der die Posaune bläst, die zum Gericht ruft.

Schon in der Frühzeit der Kirche haben sich verschiedene Theologen Gedanken über die Gestalt der Engel gemacht. So hat Pseudo-Dionysius im fünften Jahrhundert über die Vermutung nachgedacht, wie auf Erden, so gebe es auch im Himmel eine bestimmte Hierarchie: Den obersten Rang nehmen laut dieser Vorstellung die Seraphen ein, ihnen folgen die Cherubim und die Throne. Schließlich werden bei Pseudo-Dionysius auch die himmlischen Herrschaften, Kräfte und Gewalten erwähnt.

Schließlich das Mittelalter

Später, im Mittelalter, werden die Engel über die Wesen der Schöpfung gestellt: Denn den Engeln kommt eine höhere Würde zu als den Menschen und den Tieren. Engel haben daher auch ihren Ort im höheren Himmel, also dort, wo Gott selbst wohnt. Engel seien, so schreibt zum Beispiel Thomas von Aquin, reine Geister; das heißt, sie besitzen weder einen Körper noch Materie. Im Gegensatz zu Gott sind sie aber geschaffene Wesen: Sie sind nicht ewig, sondern der Vergänglichkeit unterworfen.

Erzengel Michael stößt eine Lanze in den Leib Luzifers (KNA)
Erzengel Michael stößt eine Lanze in den Leib Luzifers / ( KNA )

In der Theologie hat man in den vergangenen fast zweitausend Jahren viel über die Engel spekuliert. Nach wie vor sind sie bei vielen Menschen beliebt: Sie geben uns einen Anteil an der göttlichen Wirklichkeit; sie lassen uns erahnen, wie Gott wirklich ist.

Das fasziniert nicht nur, sondern gerade die Vorstellung der Schutzengel zeigt auch: Gott interessiert sich für uns Menschen, er geht unsere Wege mit und begleitet uns. Das Medium, um diese Begleitung auszudrücken, sind die Engel. In ihnen und durch sie wird deutlich, was der Gottesname vom brennenden Dornbusch wirklich bedeutet: Ich bin der, der für euch da ist.

 

Quelle:
KNA