Synagoge in Dessau-Roßlau eröffnet

Appelle gegen antisemitische Hetze

In Dessau ist am Sonntag die neue Weill-Synagoge im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz und dem israelischen Botschafter Ron Prosor eingeweiht worden. In einer Rede mahnte Bundeskanzler Scholz zum Aufstehen gegen Hass und Hetze. 

Die erbaute Synagoge in Dessau-Roßlau  / © Jan Woitas (dpa)
Die erbaute Synagoge in Dessau-Roßlau / © Jan Woitas ( dpa )

Die Auswirkungen der Terror-Angriffe der Hamas in Israel prägten auch die feierliche Eröffnung der Synagoge in Dessau. In der feierlichen Zeremonie brachte Landesrabbiner Daniel Fabian eine Thorarolle in das jüdische Gotteshaus.

Die Dessauer Synagoge ist der erste Synagogen-Neubau in Sachsen-Anhalt seit der deutschen Wiedervereinigung.

Gedenken an Opfer und Appelle gegen Hass

Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Einweihung der neu erbauten Synagoge in Dessau-Roßlau / © Hendrik Schmidt (dpa)
Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Einweihung der neu erbauten Synagoge in Dessau-Roßlau / © Hendrik Schmidt ( dpa )

Zu Beginn gedachten die Anwesenden in einer Schweigeminute der Opfer der islamistischen Hamas in Israel. Begleitet wurde die Einweihung von zahlreichen Appellen gegen Antisemitismus und scharfer Kritik an jeglicher Unterstützung von Hamas-Terror.  

Scholz sagte, die neue Synagoge sei Glück und Geschenk, doch sei die Freude überschattet vom "barbarischen Terror" der Hamas. Es beschäme ihn zutiefst, wie antisemitischer Hass und menschenverachtende Hetze sich nun auch hierzulande Bahn brächen. Die Terroristen wiegelten auf und säten Hass: "Nicht nur im Nahen Osten, sondern auch bei uns. Wir müssen alles daran setzen, dass diese Saat nicht aufgeht."

Scholz warnte, Hass gegen Juden dürfe nicht mit einem "unerträglichen Ja-Aber relativiert werden, in perfider Täter-Opfer-Umkehr". Er betonte, Lethargie, Wegsehen und Schweigen seien unangebracht, wenn Jüdinnen und Juden auf der Straße nicht sicher seien, Davidsterne auf Häuser geschmiert und Brandsätze auf Synagogen geworfen werden, "wenn die Opfer des Terror verhöhnt und die Täter verherrlicht werden".

Ron Prosor, Botschafter Israels in Deutschland, nach der Feierstunde vor der Synagoge in Dessau / © Jan Woitas (dpa)
Ron Prosor, Botschafter Israels in Deutschland, nach der Feierstunde vor der Synagoge in Dessau / © Jan Woitas ( dpa )

Botschafter Prosor äußerte sein Entsetzen über die antisemitischen und antiisraelischen Ausschreitungen in Deutschland.

Er warb um Zusammenhalt und Unterstützung für Israel: "Es wird ein langer Krieg werden, für den einzig die Hamas verantwortlich ist."

Eröffnung unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen

Die Synagoge bietet Platz für 90 Personen; äußerlich soll der Bau an eine Thorarolle erinnern.

Zahlreiche Polizisten sichern vor der Synagoge in Dessau die Veranstaltung / © Hendrik Schmidt (dpa)
Zahlreiche Polizisten sichern vor der Synagoge in Dessau die Veranstaltung / © Hendrik Schmidt ( dpa )

Aufgrund der Auswirkungen des Nahostkriegs fand die Eröffnung im Stadtzentrum unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen statt.

Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Mark Dainow, sagte: "Eine Synagoge ist nicht nur ein religiöses Symbol, sondern sie steht für Zusammenhalt und Identitätsbildung, für die Stärkung der Gemeinschaft." Als sichtbares Wahrzeichen jüdischen Lebens werden sie nun jedoch in einer Zeit eröffnet, in der viele Jüdinnen und Juden aus Angst nicht erkennbar sein wollten.

Alexander Wassermann, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Dessau, hält einen symbolischen Schlüssel zur Synagoge in Händen (dpa)
Alexander Wassermann, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Dessau, hält einen symbolischen Schlüssel zur Synagoge in Händen / ( dpa )

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Dessau, Alexander Wassermann, sagte: "Wir sind sehr stolz und dankbar, dass diese Synagoge gebaut werden konnte." Sie solle ein Wahrzeichen des Friedens und der Liebe werden: "Es soll nicht nur ein Bethaus für Dessauer Juden sein, sondern Begegnungsstelle für den kulturellen Austausch aller Interessierten."

"Symbol des Neuanfangs"

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sprach von einem "Symbol eines Neuanfangs", weit über Dessau hinaus. "Die neue Synagoge lässt Geschichte nicht ungeschehen machen, aber zeigt, dass wir aus Geschichte gelernt haben."

Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, spricht bei der Einweihung der neuen Synagoge in Dessau / © Hendrik Schmidt (dpa)
Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, spricht bei der Einweihung der neuen Synagoge in Dessau / © Hendrik Schmidt ( dpa )

Die frühere Dessauer Synagoge war am 9. November 1938 bei den Pogromen der Nationalsozialisten geplündert und in Brand gesetzt worden. Das neue Gotteshaus, das am selben Standort errichtet wurde, ist nach dem Komponisten Kurt Weill (1900-1950) benannt, der im örtlichen Rabbinerhaus seine Kindheit verbrachte und dessen Vater Kantor der Jüdischen Gemeinde war. In Dessau wurde auch der Philosoph Moses Mendelssohn (1729-1786) geboren, einer der wichtigsten Wegbereiter der Aufklärung.

In Sachsen-Anhalt zählt die Jüdische Landesgemeinde aktuell gut 1.300 Mitglieder, davon etwa 260 in Dessau. Bislang gab es nur eine Synagoge, in Halle, auf die 2019 während des hohen jüdischen Feiertags Jom Kippur ein rechtsterroristischer Anschlag verübt wurde. Zwei Menschen starben. Eine dritte Synagoge befindet sich im Bau und soll im Dezember in Magdeburg eingeweiht werden.

Gemeinde zählt 260 Mitglieder 

Es ist der erste Synagogen-Neubau in Sachsen Anhalt seit der Wiedervereinigung. Die alte Dessauer Synagoge hatten die Nazis im Novemberpogrom 1938 in Brand gesetzt und geplündert.

Der Bau des etwa 4,8 Millionen Euro teuren neuen jüdischen Gotteshauses wurde unter anderem von mehreren christlichen Konfessionen finanziell unterstützt. Die Synagoge umfasst 90 Plätze. Die jüdische Gemeinde in Dessau zählt rund 260 Mitglieder.

Weltweit 15,2 Millionen Juden

Weltweit ist die jüdische Bevölkerung im abgelaufenen jüdischen Jahr um 100.000 auf 15,2 Millionen Menschen gewachsen. In Israel leben davon rund 6,9 Millionen, wie aus Zahlen hervorgeht, die die staatliche israelische Einwanderungsorganisation Jewish Agency for Israel am Sonntag veröffentlichte. Das jüdische Jahr 5782 beginnt mit dem Neujahrsfest "Rosch Haschana" am Montagabend (6. September 2021).

Kippot/Symbolbild Judentum / © Karolis Kavolelis (shutterstock)
Kippot/Symbolbild Judentum / © Karolis Kavolelis ( shutterstock )
Quelle:
epd , KNA