DOMRADIO.DE: Ist soziale Arbeit in der Migrationsgesellschaft anders als in anderen Gesellschaften?
Susanne Schad-Curtis (Caritas Kreis Mettmann, Stärkung muslimischer und alevitischer Sozialarbeit): Ich beschäftige mich jetzt schon seit zweieinhalb Jahren mit Vereinen, die soziale Arbeit in der muslimischen, alevitischen Community durchführen.
In dieser Arbeit ist mir klar geworden, dass gerade die Vereine hier Kulturvermittler sind. Sie können also auch Menschen an die Zivilgesellschaft heranführen, die aus anderen Kulturbereichen kommen, muslimischen Glaubens sind und dabei religiöse Rahmenbedingungen gut im Blick haben. Das ist ein sehr wertvoller Beitrag, auch für die soziale Arbeit insgesamt.
DOMRADIO.DE: Letzte Woche hatten Sie zu einem Fachtag eingeladen. Was war das Ziel der Veranstaltung?
Schad-Curtis: Mein Hauptanliegen der Veranstaltung war, aus dem durch das Land Nordrhein-Westfalen finanzierten Projekt, Akteure der sozialen Arbeit in Kommunen und in Fachverbänden für die Relevanz dieser muslimischen, alevitischen Akteure zu sensibilisieren.
Wir haben herausgestellt, welchen wertvollen Beitrag die Vereine gerade ehrenamtlich leisten. Zum Schluss war es uns ein Anliegen, Handlungsmöglichkeiten und gelungene Umsetzungsansätze vorzustellen und auf Bedarfe, die Vereine haben, aufmerksam zu machen.
DOMRADIO.DE: Inwiefern muss man bei muslimischen und alevitischen Leben unterscheiden?
Schad-Curtis: Ich bin selbst auch von Alevitinnen und Aleviten angesprochen worden, warum es getrennt wird. Man muss verstehen, dass sich manche alevitische Menschen durchaus zum Islam dazu zählen. Aber es gibt auch andere, die sich als ganz eigene Glaubensgemeinschaft und Glaubensrichtung versteht.
DOMRADIO.DE: Sie hatten unterschiedliche Gäste und Vereine eingeladen, die sich um ihre Mitglieder aus dem muslimischen oder alevitischen Lager kümmern. Was sind Themen, die diese Vereine und Menschen beschäftigen?
Schad-Curtis: Auf der inhaltlichen Ebene ist es ein ganz großes Anliegen, Zivilgesellschaft mitzugestalten und Demokratie mitzufördern. Den Vereinen ist Wertevermittlung an Kinder und Jugendliche wichtig und es ist ihnen wichtig, diese mit einzubinden. Frauenförderung ist ein großes Thema sowie interkulturelle und religiöse Begegnung zu schaffen. Dies wurde beim Podiumsgespräch ganz deutlich.
Der Fokus lag auch auf den Bedarfen und Herausforderungen, denen sich die Vereine dann gegenüber sehen: das Finden von passenden Räumlichkeiten, um die Angebote auch breit streuen zu können. Ein weiteres Thema ist die Finanzierung, also wie man an Projektgelder kommt. Die Ehrenamtsstruktur ist zudem eine große Herausforderung, also alles ehrenamtlich zu stemmen. Schließlich ist es auch manchmal ein Faktor, mit der Skepsis umzugehen, die ihnen gegenüber gezeigt wird. Unsere Angebote leisten einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft.
DOMRADIO.DE: Vorurteile abzubauen ist immer noch ein ganz großes Thema?
Schad-Curtis: Ja. Es wurde deutlich, dass Frauen mit Kopftüchern auch erst einmal gefragt werden, ob sie überhaupt deutsch sprechen. Gerade bei den Frauen, die sich engagieren und Kopftuch tragen, esteht ihrerseits die Sorge, dass sie nicht ernstgenommen werden.
DOMRADIO.DE: Ist es nach einem Tag möglich, ein kurzes Resümee über eine Zusammenarbeit zu ziehen?
Schad-Curtis: Uns als Caritasverband im Kreis Mettmann ist es wichtig, auch über das Projekt hinaus die Arbeit weiter fortzuführen. Es wurde deutlich, dass gerade durch die Unterstützung dieses ehrenamtlichen Engagements die Vernetzung sehr wichtig ist.
Die Unterstützung ist wertvoll und muss weiter fortgeführt werden, sodass muslimische und alevitische Akteure auch auf dem sozialen Feld ihren Beitrag nachhaltig leisten können.
Das Interview führte Bernd Hamer.