Der Rücktritt von Annette Kurschus als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland ist bewundernswert konsequent. Er erinnert an den Rücktritt 2010, als Bischöfin Margot Käßmann ebenfalls dieses Amt niederlegte. Man muss es neidlos zugeben: Rücktritt und Konsequenz können die Frauen an der Spitze der EKD! Ganz offensichtlich auch besser als die Männer, die in der katholischen Kirche in der ersten Reihe stehen. Ob das nur am unterschiedlichen Amtsverständnis liegt und dem Umstand, dass bei katholischen Bischöfen der Papst den Rücktritt annehmen muss? Kurschus, die auch auf das Amt als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen verzichtet, betont, sie sei mit sich selbst im Reinen. Da gibt es also keinen Unterschied zu den katholischen Bischöfen.
Aber: Kurschus wie Käßmann haben die Konsequenzen gezogen, weil sie das Amt und ihre Kirche schützen wollten. Weil sie erkannt haben, dass schon die geringsten Zweifel an der Redlichkeit der Person das unbedingt notwendige Vertrauen gefährden. Kirche lebt vom Vertrauen. Wo das auch nur in Frage gestellt wird, da wackelt das Fundament. Wundert es da, dass die evangelische Kirche aktuell deutlich mehr als doppelt so viel Vertrauen findet, wie die katholische Schwesterkirche?
Es spielt nicht mal eine Rolle, ob die beiden evangelischen Frontfrauen besonders beliebt und anerkannt waren. Sie haben beide zeitnah erkannt, dass es zum Rücktritt keine Alternative gibt und dieser konsequent und richtig ist. Quasi ein letzter Dienst. Denn der Auftrag Jesu in seiner Bergpredigt ist eindeutig: "Euer Ja sei ein Ja - Euer Nein ein Nein!" (Mt 5,37). Da ist kein Platz für Erinnerungslücken und Ausflüchte. Der Psalmist weiß: Eine Person kann nie tiefer fallen, als in Gottes Hand. (Ps 139) Eine Institution wie die Kirche aber vielleicht doch ...
Ingo Brüggenjürgen
Chefredakteur