Papst Franziskus äußerte sich am Freitag in einem Schreiben an die Mitglieder einer internationalen Vereinigung von Kirchenrechtsexperten.
Vielmehr solle das Recht so angewandt werden, dass die Betroffenen darin "die Gegenwart des barmherzigen Jesus finden, der sie nicht verurteilt, sondern sie ermahnt, nicht mehr zu sündigen, weil er Gnade schenkt", so der Papst. Das gelte auch bei Strafen für schwere Verbrechen.
Die Kirche müsse dem Täter "unerlässliche Hilfe und geistliche Unterstützung anbieten, damit er in der Reue dem barmherzigen Antlitz des Vaters begegnet".
Seelenheil höchstes Gesetz
In der katholischen Kirche sei das Seelenheil höchstes Gesetz, erinnerte der Papst. So müsse ein Weg gefunden werden, der einerseits an der Grundlage des Kirchenrechts festhält - der Offenbarung in ihrem zweifachen Ausdruck des Wortes Gottes und der lebendigen Tradition.
Andererseits müsse der Willen Christi berücksichtigt werden, die kirchenrechtliche Norm auf die konkrete Situation eines jeden Gläubigen anzuwenden. Das Gesetz sei für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für das Gesetz, so der Papst in Anlehnung an Jesu Worte zu den Sabbat-Geboten.
Ein an die jeweilige Zeit angepasstes Kirchenrecht
Deutlich sprach sich das katholische Kirchenoberhaupt für ein an die jeweilige Zeit angepasstes Kirchenrecht aus: "Das Volk Gottes lebt in der Geschichte; daher können seine Lebens- und Organisationsformen nicht unabänderlich sein."
Es gelte zu unterscheiden, was im täglichen Leben der Kirche wesentlich ist und was lediglich eine Reihe äußerer Formen, "die vielleicht in der Vergangenheit nützlich und bedeutsam waren, aber in der Gegenwart nicht mehr, ja manchmal sogar ein Hindernis für ein Zeugnis darstellen, das gerade heute eine größere Einfachheit erfordert, um glaubwürdig zu sein".
Adressat der Papstworte war die "Consociatio Internationalis Studio Iuris Canonici Promovendo" (Internationale Vereinigung zur Förderung des Studiums des Kirchenrechts). Sie feiert in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen.