Pizzaballa hält Nahost-Krieg für Wendepunkt im Dialog

Großer Schmerz und große Lektion

Das Oberhaupt der Katholiken im Heiligen Land, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, sieht im Nahost-Krieg auch einen Wendepunkt für den interreligiösen Dialog. Dieser werde zwischen Christen, Muslimen und Juden nicht mehr derselbe sein.

Erzbischof Pierbattista Pizzaballa spricht während eines Pastoralbesuches im Gazastreifen mit eine Familie (Archivbild) / © Andrea Krogmann (KNA)
Erzbischof Pierbattista Pizzaballa spricht während eines Pastoralbesuches im Gazastreifen mit eine Familie (Archivbild) / © Andrea Krogmann ( KNA )

Das sagte der Lateinische Patriarch von Jerusalem am Montag in einer Universität in Rom. Die jüdische Welt habe sich von den Christen nicht unterstützt gefühlt. Die Christen wiederum seien unfähig gewesen, ein gemeinsames Wort zu finden - "waren entweder geteilter Meinung über die Unterstützung der einen oder der anderen Seite oder unsicher und desorientiert". 

Die Muslime hätte sich angegriffen und als Komplizen der Massaker vom 7. Oktober gefühlt. "Nach Jahren des interreligiösen Dialogs haben wir festgestellt, dass wir einander nicht verstehen", fasste Pizzaballa zusammen.

Pizzaballa: Großer Schmerz, aber auch große Lektion

Nahostkonflikt / © carsten Loose (DR)
Nahostkonflikt / © carsten Loose ( DR )

Für ihn sei dies ein großer Schmerz, aber auch eine große Lektion, so der Kardinal weiter. Nun müsse dieser Dialog zwischen den Religionen einen wichtigen Schritt machen. Denn er könne nicht mehr nur ein Dialog zwischen Vertretern der westlichen Kultur sein, sondern müsse die verschiedenen Sensibilitäten, die kulturellen und lokalen Ansätze berücksichtigen. 

Dies sei viel schwieriger, aber müsse "aus Liebe" getan werden, forderte Pizzaballa. "Denn trotz unserer Unterschiede lieben wir einander, und wir wollen, dass dieses Gute nicht nur im Leben des Einzelnen, sondern auch in unseren jeweiligen Gemeinschaften konkreten Ausdruck findet", so der Kardinal.

Kardinal rief zur verbalen Abrüstung auf

In seiner Rede vor Studierenden rief er in Anbetracht des Krieges zudem zur verbalen Abrüstung auf. Statt eines Krieges der Sprache, bräuchte es Worte der Ermutigung und der Hoffnung. Es sei notwendig, sich einen Sinn für Menschlichkeit in der eigenen Sprache zu bewahren: im Privaten, in der Öffentlichkeit und in Sozialen Medien.

Man müsse den Mut haben, zu sprechen, so Pizzaballa. Dabei müsse man sich aber immer des großen Gewichts von Worten bewusst sein; sie könnten das Denken positiv wie negativ lenken. 

Pierbattista Pizzaballa

Kardinal Pierbattista Pizzaballa (OFM) ist als Lateinischer Patriarch von Jerusalem verantwortlich für die rund 60.000 bis 70.000 römisch-katholischen Christen im Heiligen Land. Sein Kirchenbezirk umfasst neben Israel und den Palästinensergebieten auch Jordanien und Zypern. 

Pizzaballa wurde am 21. April 1965 in Cologno al Serio bei Bergamo geboren, mit 19 Jahren trat er in den Franziskanerorden ein. Nach seiner Priesterweihe 1990 schloss er in Jerusalem vertiefende Studien der Bibelwissenschaften und des Hebräischen an. 

Kardinal Pierbattista Pizzaballa / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Kardinal Pierbattista Pizzaballa / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA