DOMRADIO.DE: Warum finden Sie es wichtig, dass Soldatinnen und Soldaten einmal im Jahr vor den Augen aller zusammen Gottesdienst feiern?
Monsignore Rainer Schnettker (Katholischer Militärdekan): Wesentlich ist zunächst, dass viele der Soldatinnen und Soldaten auch Christen und Christinnen sind und ihren Glauben leben. Dafür sind wir als Militärseesorge zunächst einmal da, sie da drin zu begleiten und zu betreuen.
Dann ist es natürlich ein sehr herausfordernder Dienst, der viele moralisch-ethische Fragen mit sich bringt, mit denen der Einzelne zurechtkommen muss. Von daher ist es wichtig, in dieser Gemeinschaft des Glaubens auch in dieser großen Zahl und auch im Kölner Dom zusammenkommen zu können, um das einfach zu reflektieren.
DOMRADIO.DE: Anlass ist immer der Weltfriedenstag. Papst Franziskus geht es in seiner diesjährigen Botschaft um KI, also künstliche Intelligenz und Frieden. Wie greifen Sie das auf?
Schnettker: Das ist eine der neuen Herausforderungen in der technologischen Entwicklung, die sich auf Fragen des militärischen Einsatz zurückführen lässt. Von daher ist es auch vor der Botschaft des Heiligen Vaters für uns eine neue ethische Herausforderung, da eine Beurteilung zu machen, inwieweit das auch im Einsatz des Militärischen ethisch möglich und erlaubt ist. Wo sind die Grenzen? Deswegen ist die Botschaft auch so wichtig in diesem Jahr.
DOMRADIO.DE: Sie begehen den Gottesdienst vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine. Das war auch im letzten Jahr schon so. Jetzt ist mit dem Nahost-Krieg ein weiterer hinzugekommen. Haben diese beiden Kriege die Wahrnehmung von Soldatinnen und Soldaten verändert? Wird ihre Arbeit womöglich stärker wertgeschätzt?
Schnettker: Wir haben einen Wechsel der bisherigen Auslandseinsätze. Von weit jenseits von Europa sind sie nun ganz nahe gekommen. Unser Einsatz in Litauen, in der Slowakei oder in Estland sind eine neue Herausforderung. Die wird auch außerhalb der Bundeswehr diskutiert.
Wir spüren da eine ganz andere Wertschätzung oder auch eine ganz andere Anfrage an die Soldatinnen und Soldaten. Auch die Präsenz in der Öffentlichkeit hat sich durch häufigere Übungen verändert.
DOMRADIO.DE: Kritik kommt auch in diesem Jahr von Friedensgruppen. Das Kölner Friedensforum etwa spricht von einer kirchlichen Verharmlosung der deutschen Aufrüstungs- und Kriegspolitik. Was entgegnen Sie da?
Schnettker: Ich will zunächst gar nichts entgegnen wollen, sondern mit solchen Meinungen ins Gespräch kommen. Das gehört auch sicherlich zu unseren Aufgaben, denn wir kommen aus der gleichen Glaubensüberzeugung heraus. Wir haben das gleiche Ziel, nämlich den Frieden in der Welt.
Wir wollen unseren Standpunkt klarmachen, dass Menschenleben verteidigungswert und verteidigungswürdig sind und dass sich Soldatinnen und Soldaten dafür einsetzen.
Das Interview führte Hilde Regeniter.