Das Strafgericht des Vatikan verurteilte in zweiter Instanz einen früheren Internatsschüler, der zum Tatzeitpunkt 16 Jahre alt war. Der Mitschüler war sieben Monate jünger.
In erster Instanz war der Beschuldigte im Oktober 2021 freigesprochen worden. In der Begründung betonte das Gericht damals, dass der Täter zum Tatzeitpunkt minderjährig war, dass ihm weder Zwang noch Gewalt nachgewiesen werden konnten und dass die Taten verjährt seien. Aus dem Vatikan hieß es dazu, die Verjährung greife nach Ansicht der zweiten Instanz nicht, weil es sich um einen besonders schwerwiegenden Fall handele.
Der Verurteilte ist inzwischen 31 Jahre alt und katholischer Priester. Straftaten, die er vor dem 16. Lebensjahr begangen hatte, wurden auch in dem neuen Urteil nicht angerechnet, weil er damals im Sinne des Strafgesetzbuches des Vatikanstaates noch nicht strafmündig war. Auch Taten, die er nach Vollendung des 16. Lebensjahres seines Opfers beging, waren für die Verurteilung nicht relevant.
Zweieinhalb Jahre Gefängnis
Einschlägig waren jedoch die sexuellen Handlungen, die er nach Vollendung seines eigenen 16. Lebensjahres zwischen August 2008 und März 2009 an dem damals noch unter 16-jährigen Opfer vornahm. Dafür erhielt er nun zweieinhalb Jahre Haftstrafe.
Der Verurteilte und sein Opfer lebten zum Zeitpunkt der Taten, die sich insgesamt über einen Zeitraum von fünf Jahren hinzogen, in einem sogenannten Prä-Seminar im Vatikanstaat, das sich inzwischen nicht mehr im Vatikan befindet. Mehrere Jahre nach den Vorfällen hatte sich das Opfer in einem Brief an Papst Franziskus gewandt. Dieser hatte pesönlich die Ermittlungen in dem Fall durch ein "Rescriptum ex audientia" vom 29. Juli 2019 angeordnet.
Rechtsgrundlage des Urteils in zweiter Instanz ist Artikel 335 des vatikanischen Strafgesetzbuches. Demnach kann jeder, der eine Person von unter 16 Jahren "durch Akte der Lust verdirbt", zu maximal drei Jahren Haft verurteilt werden. Während in der ersten Instanz nur weltliche Juristen das Urteil fällten, hatte in der zweiten Instanz der spanische Erzbischof Alejandro Arellano Cedillo den Vorsitz. Er ist Dekan der Römischen Rota und seit Mai 2021 auch Präsident des Appellationsgerichts des Vatikanstaates.