Zentraler Vorwurf: Das aufreizend wirkende Motiv eigne sich eher für eine Gay-Pride-Veranstaltung als für die weltberühmte "Semana Santa" in der andalusischen Metropole.
"Mangelende kulturelle Bildung"
Tatsächlich hat der Heiland mit knappem Lendenschurz einen auffallend athletischen Körper. Der international renommierte Künstler Salustiano Garcia sieht darin jedoch eine "Botschaft der Spiritualität, Liebe und des Respekts". Auf Kritik an seinem am Wochenende vorgestellten Werk reagierte er in einem Interview der spanischen Zeitung "ABC" empfindlich. Wer in dem Plakat eine sexuelle Bedeutung erkenne, sei "krank" und benötige Hilfe, so Salustiano. Den Kritikern warf er mangelnde kulturelle Bildung vor. Schließlich seien derartige Darstellungen in der Kunstgeschichte keine Seltenheit.
Keine Bewertung vom Erzbistum
Während laut einer aktuellen Online-Erhebung 87 Prozent das Plakat für unangemessen halten, gibt es jedoch auch Zuspruch. Bürgermeister Jose Luis Sanz etwa reagierte verzückt auf die Arbeit, die vom Rat der Bruderschaften in Sevilla in Auftrag gegeben worden war. Das kirchlich-weltliche Gremium ist federführender Organisator der Oster-Feierlichkeiten in der Stadt. Das Erzbistum Sevilla weigerte sich indes, eine Bewertung abzugeben. Man sei für das Motiv nicht verantwortlich, hieß es in einer knappen Stellungnahme.
In Spanien werden die Karwoche und Ostern gefeiert wie an wenigen Orten auf der Welt. Vor allem im südlichen Andalusien werden die Osterumzüge mit besonderer Inbrunst vollzogen. Sie haben ihren Ursprung im 16. Jahrhundert, als die katholische Kirche begann, mit figürlichen Darstellungen dem einfachen Volk in Straßenprozessionen das Leiden Christi näher zu bringen. Die kunstvoll gekleideten, teils lebensgroßen Holzfiguren werden von "Hermandades", katholischen Bruderschaften, auf Prozessions-Altären durch die Straßen getragen.