Katholische Jugendseelsorge will Teilhabe weiter ausbauen

"Einfacher als man denkt"

Inklusion soll fester Bestandteil im Erzbistum Köln sein. Das haben Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie Dieter Boristowski von der Kölner Jugendseelsorge, auf einer Tagung bekräftigt. Inklusion sei nie fertig, man müsse dranbleiben.

Gruppe von Jugendlichen, einer von ihnen im Rollstuhl (shutterstock)
Gruppe von Jugendlichen, einer von ihnen im Rollstuhl / ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Inklusion bedeutet Teilhabe. Ist das so richtig übersetzt oder wie würden Sie den Begriff erklären? 

Dieter Boristowski (Jugendseelsorge im Erzbistum Köln): Ja, auf jeden Fall ist Teilhabe richtig. Es geht aber vielleicht noch mehr um das Ermöglichen von Teilhabe. Das ist vielleicht der richtige und wichtige Fokus, dass alle Menschen, die jetzt zum Beispiel an der Jugendarbeit, an den Angeboten der Jugendarbeit teilnehmen möchten, das auch können. 

DOMRADIO.DE: Inklusion soll fester Bestandteil der Jugendpastoral im Erzbistum Köln werden. Was heißt das genau? 

Dieter Boristowski

"Viele Projekte bei uns sind schon inklusiv angelegt. Aber Inklusion ist nichts Fertiges."

Boristowski: Das heißt, dass es eigentlich kein neues Thema ist. Also, es soll fester Bestandteil werden, es ist bereits fester Bestandteil. Viele Projekte bei uns sind schon inklusiv angelegt. 

Das fängt bei barrierefreien Zugängen zu Jugendzentren oder zu Angeboten der Jugendarbeit an und geht bis zu Konzepten, die schon inklusiv überarbeitet sind und zu Mitarbeitenden, die das in Kopf und Herz fest verankert haben. Das gibt es alles. 

Aber wir haben gestern auch wieder gelernt: Inklusion ist nichts Fertiges. Wir werden nie fertig damit. Es gibt immer wieder neue Herausforderungen, weil neue Menschen dazustoßen, weil neue Mitarbeitende ins Team kommen. Deswegen müssen wir dranbleiben. Und deswegen ist es gut, den Fokus neu auszurichten auf das Thema Inklusion. 

DOMRADIO.DE: Inklusion hört sich oft gut an, ist aber nicht immer einfach umzusetzen. Was sind aktuell denn noch Hindernisse? 

Boristowski: Ein aktuelles Hindernis ist zum Beispiel, dass es nicht immer im Blick ist, weil es so aufwendig und kompliziert erscheint. Also das beliebteste Beispiel: Für Rollstuhlfahrer einen Zugang zu schaffen, ist manchmal schon einfach zu lösen, indem man vielleicht eine Lego-Rampe baut, statt für viele tausend Euro ein Haus umbauen lässt. 

Oder auch Spiele entschärfen. Wenn ich mit Kindern spiele, muss es nicht immer einen Wettbewerbsspiel sein, dass einer gewinnt, sondern ich gucke: Wer ist dabei, wer macht mit und wie kann ich die Spielregeln vielleicht ein bisschen umändern? 

DOMRADIO.DE: Theater-Workshops sind wahrscheinlich auch eine gute Möglichkeit...? 

Boristowski: Theater ist eine unheimlich tolle Möglichkeit. Wir hatten gestern sogar einen Moderator mit einer leichten Behinderung dabei. Der kommt selbst aus einem Theater-Workshop heraus und hat dort unheimlich viel für sich gelernt – für das Reden, für das Auftreten. 

Dieter Boristowski

"Gut klappt, dass wir wachsam sind und den Blick schärfen."

DOMRADIO.DE: Was klappt schon gut? 

Boristowski: Es klappt gut, dass wir wachsam sind, dass wir den Blick schärfen und zum Beispiel wahrnehmen, dass Kinder und Jugendliche bei uns in Einrichtungen auftreten. Wo wir dann merken: Okay, ich kann nicht so weitermachen wie bisher; wir müssen das noch mal neu in den Blick nehmen, unser Konzept überarbeiten, die Zugänge neu überdenken. 

DOMRADIO.DE: Es ging bei der Fachtagung ja auch um Erfahrungsaustausch. Inwiefern war dieser Tag gestern bereichernd? 

Boristowski: Er war bereichernd, weil wir auch neue Erkenntnisse gewonnen haben. Das Erste, was ich schon gesagt habe: Inklusion ist möglich und viel einfacher, als man manchmal denkt. 

Das zweite: Inklusion ist nie fertig, Inklusion ist nicht neu. Als Kirche auf der Grundlage unseres christlichen Menschen- und Gottesbildes ist die Würde jedes Menschen unantastbar. Das zählt für uns genauso. Und von daher gesehen ist das kein neues Thema. 

Inklusion ist politisch. Das haben wir auch noch mal gemerkt. Wenn aktuell ausgrenzende oder gar menschenverachtende Bestrebungen unterwegs sind, populistische Äußerungen gemacht werden, da müssen wir auch klar entgegentreten und sagen "Nicht mit uns". 

DOMRADIO.DE: Mit einmal treffen ist es nicht getan. Haben Sie auch Zukunftsperspektiven konkret formuliert? 

Dieter Boristowski

"Es gibt noch viel darüber zu berichten und wir bleiben dran."

Boristowski: Ja, das haben wir. Wir müssen dran bleiben, wie gesagt. Zum einen haben wir ein Webportal ins Leben gerufen inklusion.kja.de, wo sich ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeitende austauschen können, Material bereitstellen und Erfahrungen bereitstellen können. 

Wir brauchen aber auch weiterhin solche Tagungen und Fortbildungen. Das haben wir fest vereinbart. Es gibt noch viel darüber zu berichten und wir bleiben dran. 

DOMRADIO.DE: Gibt es ein Etappenziel? 

Boristowski: Es gibt kein wirkliches Etappenziel, aber es soll zumindest im Laufe dieses Jahres fest verstetigt sein, dass wir Leute haben, die dafür zuständig und die Ansprechpartner sind. Und dass wir einen festen Arbeitskreis haben, der sich um dieses Thema kümmert. 

Das Interview führte Dagmar Peters. 

Jugendseelsorge im Erzbistum Köln

Die Angebote von Jugendseelsorge und Jugendarbeit sind so vielfältig wie die Interessen und Bedürfnisse der jungen Menschen zwischen sechs und 27 Jahren, gleich welcher Herkunft und Religion. Im Erzbistum Köln finden Jugendseelsorge, kirchliche Jugendarbeit und Jugendhilfe vor allem vor Ort statt: in den Kirchengemeinden, jugendpastoralen Zentren und Jugendkirchen, in den Jugendverbänden, in den Jugendzentren der offenen Kinder- und Jugendarbeit, in den Einrichtungen und Projekten der Jugendsozialarbeit oder in den Jugendbildungsstätten.

Seelsorge im Jugendbereich / © Freedom Studio (shutterstock)
Seelsorge im Jugendbereich / © Freedom Studio ( shutterstock )
Quelle:
DR