Die Armut in Argentinien ist laut der Zeitung "Clarin" im Januar nochmals deutlich angestiegen. Sie beruft sich auf eine Erhebung der Katholischen Universität (UCA) in Buenos Aires, wonach im ersten Monat 2024 rund 57,4 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebten; das wären noch einmal rund 13 Prozent mehr als zum Ende des dritten Quartals 2023 (44,7 Prozent).
Auf Basis dieser Zahlen leben rund 27 Millionen Menschen in Argentinien in Armut; 7 Millionen gelten als akut bedürftig. Damit ist die Armutsrate in Argentinien auf dem höchsten Stand seit 2004 (54 Prozent). Bei Amtsantritt von Milei Mitte Dezember lag die Armutsrate bei rund 45 Prozent, die Kinder- und Jugendarmut bei 62 Prozent.
Andere Statistik
Die Armutsstatistik der Universität Di Tella kommt auf eine geringere Armutsrate - von 46,8 Prozent, was einer Gesamtzahl von 21,8 Millionen Menschen entspräche. Dieser Statistik zufolge gab es nur einen leichten Anstieg von 46,3 Prozent zum Ende des vierten Quartals; auf nun 46,8 Prozent. Während die UCA auf eigene Erhebungen zurückgreift, verwendet die Universität Di Tella Daten des Nationalen Statistikinstituts INDEC.
Die Sozialforscher der UCA machen für die Verschlechterung der Lage die Abwertung des Peso und den damit verbundenen Anstieg der Grundnahrungsmittelpreise verantwortlich. Für Februar erwarten sie einen weiteren Armutsanstieg, da bei gleichbleibenden Löhnen und Renten die Subventionen für den öffentlichen Nahverkehr gestrichen wurden.
Mehr Erhebungsdaten
Bei der Datenerfassung berücksichtigt die UCA nicht nur das reine Einkommen, sondern die allgemeinen sozioökonomischen Rahmenbedingungen wie Zugang zu Gesundheit und Ernährung, Bildung, Wohnung, öffentlichen Dienstleistungen, Arbeit und einen gesunden Lebensraum.
Der radikal marktliberale Präsident Javier Milei, seit Mitte Dezember im Amt, hatte angekündigt, das hochverschuldete Land mit einem radikalen Sparprogramm zu sanieren, und ein schweres erstes Jahr prognostiziert. Neben Subventionsabbau will Milei auch die Wirtschaft deregulieren und mit dem dadurch erhofften Wirtschaftswachstum dann die Armut bekämpfen. Ein erstes umfassendes Reformpaket scheiterte allerdings an einer fehlenden Mehrheit im Kongress. Die Gewerkschaften, die schon im Januar einen ersten Generalstreik organisierten, stellten bereits einen zweiten in Aussicht.
"In skandalöser Weise zugenommen"
Vor kurzem hatten sich die Armenpriester aus den sozialen Brennpunkten des Großraums Buenos Aires in einem Brief an den Präsidenten gewandt. Sie riefen Milei zu einem Dialog sowie zum Umdenken seines bisherigen Weges auf. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es: "Wir sind Zeugen, dass die Zahl der Armen in skandalöser Weise zugenommen hat, seit er Präsident ist: arme Menschen, denen das Essen für die Suppenküchen verweigert wird; arme Menschen, die unterdrückt werden, wenn sie protestieren."