Stadt- und Domdechant Msgr. Robert Kleine spricht in seiner Predigt am Weißen Sonntag über die Bedeutung des Glaubens und Zweifels am Beispiel des Apostels Thomas. Die Predigt greift die biblische Erzählung von Thomas auf, der nach der Auferstehung Jesu Zweifel zeigt, weil er nicht anwesend war, als Jesus den anderen Jüngern erschien. Thomas verlangt, die Wunden Jesu zu sehen und zu berühren, bevor er glaubt. Dieses Ereignis nutzt Kleine, um zu verdeutlichen, dass Glaube und Zweifel eng miteinander verbunden sind und beide zur spirituellen Reise eines Christen gehören.
Kleine betont, dass Zweifel im Glauben nicht notwendigerweise negativ sind, sondern eine Möglichkeit bieten, den Glauben tiefer und persönlicher zu machen. Er argumentiert, dass echter Glaube oft aus persönlicher Erfahrung und Begegnung mit dem Göttlichen entsteht, ähnlich wie Thomas, der schließlich glaubt, nachdem Jesus ihm direkt begegnet und ihn seine Wunden berühren lässt. Der Domdechant ermutigt die Gemeinde, Zweifel als Teil ihrer Glaubensreise zu akzeptieren und als Chance zu sehen, ihren Glauben zu vertiefen und zu stärken.
Kleine schließt mit der Aussage, dass Glaubenszweifel eine Gelegenheit sind, Gott auf eine tiefere und persönlichere Weise zu erfahren, was zu einem stärkeren und erfüllenden Glauben führen kann. Er ruft die Gemeinde dazu auf, offen für neue Einsichten in ihren Glauben zu sein und ihn als etwas Eigenes zu begreifen, das aus echten, persönlichen Begegnungen mit dem Göttlichen erwächst.
Zum Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit hat Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 den zweiten Sonntag der Osterzeit bestimmt. Die Barmherzigkeit Gottes als zentraler Aspekt der göttlichen Liebe zu uns Menschen soll damit stärker bewusst gemacht machen. Die Nähe zum Osterfest verdeutlicht, dass Gott allen Menschen Anteil geben will an der Erlösung durch Jesus Christus. Wenn Gott nur gerecht wäre, wer könnte dann vor ihm bestehen? Doch Gott, so sagt es die Bibel, ist barmherzig. Die barmherzige Liebe Gottes erst ist es, die uns hoffen lässt, dass Gott uns immer wieder einen Neuanfang schenken will, wenn wir selbst dazu bereit sind. Schon im Alten Bund (z. B. Ps 103, 8; Ez 33, 11; Hos 6, 6) wird die Barmherzigkeit Gottes betont. Im Neuen Bund bezeugt Jesus in Wort und Tat diese barmherzige Liebe des Vaters. Bei Lukas heißt es z. B.: „Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes hat uns besucht das aufstrahlende Licht aus der Höhe“ (Lk 1, 78; vgl. Lk 1, 50; 15, 1 ff.). Diese Liebe anzunehmen und daraus zu leben, ist das eine; sie durch unser eigenes Handeln sichtbar zu machen, ist das andere.
Der Weiße Sonntag erinnert an den Brauch der frühen Kirche, dass die in der Osternacht Getauften eine Woche lang ihre weißen Taufkleider trugen. Die Osteroktav diente dazu, sie tiefer in die Heilsgeheimnisse der Sakramente einzuführen. Diese Weiße Woche, in der die Neugetauften im Mittelpunkt standen, erinnerte die Gemeinde so zugleich an die eigene Taufe und gab ihr Gelegenheit, sich auf das eigene Christsein zu besinnen. Die gemeinsame Erstkommunionfeier, wie wir sie heute vielerorts am Weißen Sonntag kennen, bildete sich im 18. Jahrhundert heraus.
Aus: Magnificat. Das Stundenbuch. April 2024