Dort kontrollieren bewaffnete Gangs die Armenviertel und greifen die öffentliche Infrastruktur an.
Viele ärmere Quartiere erlebten regelrechte "Nächte des Terrors mit wilden Schießereien", Tausende Menschen hätten fliehen müssen, sagte Lombardo. An Nachschub von Waffen und Munition mangelt es den Gangs offensichtlich nicht. Viele Kliniken und ein Drittel der Schulen mussten wegen der Gewalt der Banden schließen.
Kritische humanitäre Situation
In den vergangenen Tagen seien in der Hauptstadt zwei Schulen niedergebrannt worden, berichtete Lombardo. Mitte März war Haitis Interimsregierung zurückgetreten, ein Übergangsrat soll das Land bis zu Neuwahlen führen. Doch Haiti rutscht weiter in die Gewalt ab.
Die letzten Handelsschiffe legten am 5. März in Haiti an, das stark von Einfuhren abhängig ist. Nach der Schließung der großen Häfen werden Lebensmittel und Benzin knapp. Insbesondere die aus ihren Häusern vertriebenen Stadtbewohner befinden sich laut Lombardo in einer äußerst kritischen humanitären Situation.
Opfer sexueller Gewalt unter Geflohenen
Das Hauptstadtbüro der Welthungerhilfe arbeitet in der Koordination der humanitären Hilfe für die Flüchtlinge mit lokalen NGOs zusammen. Unter den Geflohenen befinden sich Opfer sexueller Gewalt. "Von den über 360.000 Vertriebenen von Port-au-Prince suchten allein in den letzten Wochen 30.000 Zuflucht auf dem Land", berichtete Lombardo.
Die humanitäre Situation außerhalb von Port-au-Prince sei unterschiedlich. Während ein guter Teil der Bauernfamilien weiterhin ihr Land bewirtschaften könne, sei die Gewalt in einigen Regionen allgegenwärtig. Als Beispiel nannte Lombardo den Landesteil Artibonite, das ehemals florierende Zentrum des Reisanbaus: "Heute droht den Bewohnern von Artibonite eine Hungersnot, niemand bestellt mehr sein Land, alle versuchen, das ökonomisch zweitwichtigste Departement Haitis zu verlassen", sagt die Landesdirektorin der Welthungerhilfe.