Papst Franziskus hat dementiert, dass er nach dem Tod seines Vorgängers Benedikt XVI. am 31. Dezember 2022 den eigenen kirchenpolitischen Kurs geändert habe. In dem am Mittwoch in Spanien erscheinenden Interview-Buch "El Sucesor" sagte Franziskus: "Ich habe danach (das Pontifikat) in gleicher Weise weitergeführt. Und dabei immer an ihn (Papst Benedikt XVI.) erinnert."
Weiter erklärte Franziskus, sein Vorgänger habe in den ersten Jahren des Zusammenlebens oft mit ihm gesprochen; Benedikt habe sich aber nie eingemischt und ihm alle Freiheiten in seinen Entscheidungen gelassen.
"Mangel an Anstand und an Menschlichkeit"
Nur einmal habe er ihm gesagt, dass er eine Entscheidung nicht verstehe. Daraufhin habe er sie ihm erklärt. Nie habe der Vorgänger ihm die Unterstützung entzogen, auch wenn es "vielleicht mal etwas gab, womit er nicht einverstanden war - aber das sagte er nie".
Mit scharfen Worten kritisierte der Papst in dem Interview die Umstände der Veröffentlichung des Erinnerungsbuchs des ehemaligen Papst-Sekretärs, Erzbischof Georg Gänswein. Das Anfang Januar 2023 mit dem Titel "Nichts als die Wahrheit" zunächst in Italien erschienene Buch hatte seinerzeit ein weltweites Echo ausgelöst.
Franziskus sagte nun, es sei für ihn ein großer Schmerz gewesen, dass "am Tag des Begräbnisses ein Buch erschien, das die Unwahrheit erzählte. Das ist sehr traurig". Der Erscheinungszeitpunkt zum Begräbnis sei ein "Mangel an Anstand und an Menschlichkeit" gewesen.
Schon 2020 Unstimmigkeiten
Das Buch erschien im Handel zwar erst am 12. Januar, also eine Woche nach der Beisetzung von Papst Benedikt XVI. Doch gelangten Teile des Inhalts schon vor der Beerdigung an Medien, die darüber berichteten.
In dem Buch schildert Gänswein auch einige Spannungen zwischen dem alten und dem aktuellen Papst.
An einer anderen Stelle von „El Sucesor“ berichtete Franziskus, dass es bereits 2020 wegen eines Buches Spannungen zwischen ihm und Gänswein gegeben habe. Damals habe er sich wegen Gänsweins Rolle bei der Buchveröffentlichung von Kardinal Robert Sarah, die er als Einmischung in sein Pontifikat betrachtete, gezwungen gesehen, Gänswein die Bitte um eine freiwillige Entpflichtung von seinem Amt als Präfekt des Päpstlichen Hauses nahezulegen. Ab da war Gänswein nur noch als persönlicher Sekretär des zurückgetretenen Papstes tätig.