Räumungsverkauf von Kirchenmöbeln in Ostfriesland

"Alles muss raus"

Die Gemeinde Christ König von Pfarrer Georg Pützer in Emden hat Räumungsverkauf und bietet Kirchenbänke gegen eine Spende für Selbstabholer an. Eine Kirchenbank im Garten sei gar nicht so zweckentfremdet, sagt Pützer.

Leere Kirchenbänke / © Julie Marshall (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Sie räumen ihre Gotteshäuser leer. In der Kapelle St. Hedwig in Pewsum in der Krummhörn ist das schon passiert, jetzt am Samstag ist die Kirche St. Michael in Emden dran. Warum muss denn alles raus?

Georg Pützer (Pfarrer der Kirchengemeinde Christ König in Emden): Aus den unterschiedlichsten Gründen. Der Standort in Pewsum wird aufgegeben, aus finanziellen Gründen. Auch die Instandhaltung der Gebäude ist einfach nicht mehr zu gewährleisten. Und daher mussten wir die Kapelle räumen. In Sankt Michael gibt es einen ganz anderen Grund: Sie muss saniert werden, weil ein Teil der Kirche nicht mehr stabil genug ist. Um die Arbeit machen zu können, müssen wir sie leer räumen.

DOMRADIO.DE: Also unterschiedliche Gründe, im Ergebnis dasselbe: Gotteshäuser ohne ihre Sitzgelegenheiten. Wie hat das Anfang März in der Pewsumer Kapelle funktioniert?

Pützer: Das hat sehr gut funktioniert. Es ist kein Stuhl, keine Bank mehr da. Es kamen Menschen aus dem Ort, um sich Bänke abzuholen und von weiter weg kamen Menschen, um eine Gebetskapelle einzurichten. Was sie genau damit machen, manche haben es mir erzählt, manche auch nicht. Manchmal wollten sie wirklich auf ihre Terrasse stellen. So sind die Bänke gut weggegangen.

DOMRADIO.DE: Hat das vom Transport her alles funktioniert? Also das macht man ja nicht mal eben so.

Pützer: Na ja, in Pewsum waren die schmalen Bänke, die um die 2 Meter breit sind, das ging also ganz gut. Das war die Bedingung. Wir verkaufen sie nur an Selbstabholer. Also man muss dann auch die Gelegenheit haben, mit dem Anhänger sie selbst abzuholen. Aber weil das schmale Bänke waren, ging's gut.

Georg Pützer

"Einen Ort aufgeben heißt, man ist nicht mehr präsent."

DOMRADIO.DE: Was ist das für ein Gefühl, einen Kirchort wie in Pewsum in der Krummhörn aufzugeben?

Pützer: Das sind sehr gemischte Gefühle. Auf der einen Seite ist die Vernunft, das Geld muss da sein, um die Dinge zu erhalten. Aber einen Ort aufzugeben heißt auch, man ist nicht mehr präsent. Es ist zwar Diaspora, aber dort wohnen auch viele Katholiken. So überlegen wir jetzt einfach, wo wir Gäste sein können bei evangelischen Gemeinden, um da mal Gottesdienste feiern, was auch schon funktioniert. Da ist die Vernunft und auf der anderen Seite das Bauchgefühl.

DOMRADIO.DE: Die Kirche in Emden wird saniert, innen wird einiges anders. Was haben Sie vor mit St. Michael?

Pützer: Da wir die Chance noch einmal haben, sie zu sanieren, ist es mein Ziel, sie für die nächsten 30 Jahre liturgiefähig zu machen und ich glaube, die Liturgien werden sich verändern. Sie werden vom klassischen katholischen Hochamt weg entwickeln, das ist in vielen Kirchen schon passiert. Die Bänke kommen raus, es wird ein Bestuhlung reinkommen, um einfach Flexibilität zu haben, um andere Gottesdienstformen feiern zu können, um auch mal eine andere Ausrichtung feiern zu können. Dann wird auch eine Beleuchtungsanlage installiert, um auch mit Farben und mit Licht Liturgie unterstützen zu können.

DOMRADIO.DE: Sie werden einige Zeit keine Gottesdienste in Sankt Michael feiern können. Wie werden Sie das kompensieren?

Pützer: Wir haben noch eine dritte Kirche, Sankt Walburga. Dort werden wir für ein Jahr hineingehen, obwohl die Kirche auch abgerissen werden soll. Aus dem gleichen Grund: Die finanziellen Mittel der Diözese Osnabrück sind einfach nicht mehr da, um die ganzen Standorte zu erhalten. Aber da wir keinen Bischof haben zur Zeit, kann sie nicht profaniert werden, was zu unserem Glück ist, so können wir sie als Ausweichmöglichkeit nutzen.

DOMRADIO.DE: Jetzt müssen die Bänke raus bei Sankt Michael am Samstag um 10 Uhr. Beschreiben Sie die Bänke doch mal, die Maße, vielleicht die Farbe. Wie sehen die aus?

Pützer: Wir haben zweierlei Bänke, einmal auch wieder schmale Bänke, was für den Transport sehr günstig ist. Aber der größte Teil sind natürlich die großen Kirchenbänke, wo sechs bis acht Menschen nebeneinander Platz nehmen können, die dann wesentlich breiter sind, was für den Transport schwierig ist. Es sind Bänke, die sehen aus wie Eiche, das ist aber aufgemalt, einfaches Holz. Wenn einer fragt, ob er sie zersägen darf im Kirchenraum um sie zu transportieren, da sagen wir nicht nein. Warum sollte er das nicht dürfen? Jede Bank, die wir nicht selbst entsorgen müssen, ist für uns natürlich ein Gewinn.

Georg Pützer

"Dann hat die Kirchenbank doch den alten Zweck erfüllt: Gemeinschaft stiften, Menschen sammlen."

DOMRADIO.DE: Wie viel verlangen Sie für die Bänke, wenn die Menschen kommen?

Pützer: Wir verlangen nichts, wir bitten um eine Spende. Und wer sie so mitnehmen will, darf das auch tun.

DOMRADIO.DE: Und dann durchaus in den Garten stellen.

Pützer: Ja, wenn Sie das möchten. Im Garten um ein Lagerfeuer sitzen und sich unterhalten, dann hat die Kirchenbank doch den alten Zweck erfüllt: Gemeinschaft stiften, Menschen sammeln. Ich finde das eine gute Idee.

DOMRADIO.DE: Schauen wir noch kurz auf Sie. Seit September letzten Jahres leiten Sie die Pfarreien Gemeinschaft Emden Borkum. Vorher waren Sie in Bonn, also im Erzbistum Köln. Bleiben Sie jetzt in Ostfriesland. Wie gefällt es Ihnen?

Pützer: Also mir gefällt es sehr gut. Ich bin freiwillig hingegangen. Der Bischof hat mich dankenswerterweise freigestellt, und ich hoffe, dass ich bis zur Rente hier bleiben kann.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Umnutzung und Profanierung von Kirchen

Obwohl in Deutschland sowohl katholische als auch evangelische Kirchen leer stehen, ist die Umwidmung katholischer Kirchen komplizierter. Wenn eine katholische Kirche – oder ein anderer heiliger Ort – Weihe oder Segnung verliert, geschieht durch diese Profanierung das Gegenteil der (Kirch-)Weihe. Angeordnet wird eine solche Entwidmung durch ein Dekret des Diözesanbischofs, das im Allgemeinen in einem letzten Gottesdienst verlesen und damit wirksam wird. Damit wird dann das Gotteshaus dauerhaft profanem Gebrauch überlassen.

Die ehemalige Dominikanerkirche in Maastricht ist jetzt ein Buchladen. / © Wut_Moppie (shutterstock)
Die ehemalige Dominikanerkirche in Maastricht ist jetzt ein Buchladen. / © Wut_Moppie ( shutterstock )
Quelle:
DR