Henriette Reker diskutiert den Klimawandel im Vatikan

"Gemeinsame Herausforderung"

Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker nimmt an dem Klimagipfel des Papstes im Vatikan teil. Bei dem Kongress wurde schnell deutlich, dass alle vor den gleichen Herausforderungen stehen und dass man voneinander lernen muss.

Papst Franziskus begrüßt Henriette Reker (l.), Oberbürgermeisterin von Köln / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus begrüßt Henriette Reker (l.), Oberbürgermeisterin von Köln / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wie kam es dazu, dass Sie an diesem Klimagipfel teilnehmen? Sie sind ja, wie Sie mir gesagt haben, die einzige deutsche Oberbürgermeisterin, die dabei ist. 

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker hält ihre Rede während des dreitägigen Gipfels "Von der Klimakrise zur Klimaresilienz" (dpa)
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker hält ihre Rede während des dreitägigen Gipfels "Von der Klimakrise zur Klimaresilienz" / ( dpa )

Henriette Reker (Kölner Oberbürgermeisterin):  Die Einladung landete auf meinem Tisch und ich war natürlich höchst interessiert, mit Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeistern, Gouverneurinnen und Gouverneuren sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus aller Welt in den Austausch zu kommen. Das Wichtige ist, dass wir den Klimawandel als gemeinsame Herausforderung annehmen und ein Netzwerk bilden, das uns erlaubt, Klimaschutz umzusetzen und voneinander zu lernen. 

DOMRADIO.DE: Die Konferenz steht unter dem Motto "Von der Klimakonferenz zu Klimaresilienz". Und möglicherweise war ein Grund, sie einzuladen, dass die Stadt Köln bis 2035 klimaneutral sein will. Sie haben bei der Konferenz einen Vortrag über die Herausforderungen des Klimawandels für die Städte und Kommunen gehalten. Was war denn bei diesem Vortrag Ihr wichtigster Appell? 

Henriette Reker

"Was in Paris klappt, muss in Köln noch lange nicht funktionieren und umgekehrt."

Reker: Es muss uns gelingen, die Kölnerinnen und Kölner davon zu überzeugen, dass wir jetzt ambitionierte Maßnahmen zum Klimaschutz umsetzen müssen, um unseren Nachfahren eine lebenswerte Stadt zu hinterlassen. Das stellt uns alle vor eine große Herausforderung. Im Austausch hat sich herausgestellt, dass es in allen anderen Städten auch schwierig ist, das den Menschen immer klarzumachen. 

Die Verlustängste sind einfach sehr groß und es gibt politische Kräfte, die das ausnutzen. Und was in Paris klappt, muss in Köln noch lange nicht funktionieren und umgekehrt. Aber wir können voneinander lernen. Es wurden heute drei Fragen gestellt, die unglaublich wichtig sind: Was können wir lernen? Wie sollen wir handeln? Worüber sollen wir nachdenken?

DOMRADIO.DE: Donnerstag gab es am Vormittag eine Audienz bei Papst Franziskus. Wie haben Sie diese Audienz und den Papst erlebt? 

Henriette Reker

"Ich habe Papst Franziskus als humorvoll erlebt und er geht auf jede und jeden ein."

Reker: Die Audienz bei dem Papst war schon ganz besonders. Sie fand in einem kleinen Raum statt und der Heilige Vater hat jede und jeden persönlich angesprochen. Ich habe ihm die besten Wünsche aus Köln mitgebracht und einen Teller, den eine Künstlerin von KAT18 gestaltet hat und auf dem der Dreikönigsschrein dargestellt ist. Ich bin davon überzeugt, dass er sich den auch genau anguckt. 

Ich habe Papst Franziskus als humorvoll erlebt und er geht auf jede und jeden ein. Er hat nicht nur "guten Tag" gesagt und allen die Hand gegeben, sondern mit uns gesprochen. Und zwar mit jeder und jedem. Das ist schon besonders. 

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker hält ihre Rede während des dreitägigen Gipfels "Von der Klimakrise zur Klimaresilienz" (dpa)
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker hält ihre Rede während des dreitägigen Gipfels "Von der Klimakrise zur Klimaresilienz" / ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie sind evangelisch. Wie war es, dem Oberhaupt der katholischen Kirche gegenüberzustehen? Wie haben Sie sich dabei gefühlt? 

Reker: Das ist für mich jedes Mal etwas Besonderes. Ich war das erste Mal als 17-Jährige hier, wir machten die Abschlussfahrt nach Rom und da war ich mit der Klasse im großen Audienzraum. Und ich kenne Papst Benedikt XVI. als Hochschullehrer in Regensburg. Vor sieben Jahren bin ich auch schon bei Franziskus gewesen. 

Die Begegnung mit dem Papst ist einfach immer etwas Besonderes und die katholische Kirche führt da ja auch wirklich ein Schauspiel auf. Das gehört dazu. 

DOMRADIO.DE: Papst Franziskus hat in der Audienz die Zerstörung der Umwelt als "Beleidigung Gottes" bezeichnet und auch gefragt, ob wir an einer Kultur des Lebens oder an einer Kultur des Todes arbeiten. Das sind schon sehr drastische Worte dieses argentinischen Papstes. Würden Sie auch gerne einmal mit solch drastischen Worten als Oberbürgermeisterin über den Klimawandel sprechen? 

Henriette Reker

"Ohne die Bürgerinnen und Bürger geht es nicht."

Reker: Als ich nach Köln kam und Umweltdezernentin wurde, war ja noch der sehr konservative Kardinal Meisner da, und er fragte mich, was mein größtes Problem sei. Nachdem ich ihm gesagt hatte, dass die Kölnerinnen und Kölner den Klimawandel noch nicht so ernst nehmen, wie wir ihn ernst nehmen müssen, hat er über die Schöpfung gepredigt. 

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker nimmt an dem Klimagipfel im Vatikan teil. / © Päpstliche Akademie der Wissenschaften (privat)
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker nimmt an dem Klimagipfel im Vatikan teil. / © Päpstliche Akademie der Wissenschaften ( privat )

DOMRADIO.DE: Papst Franziskus ist ja auch ein guter Verbündeter in Fragen von Bewahrung der Schöpfung. Allerdings hier in Köln, da sind Sie natürlich auf das Mitgehen der Bürgerinnen und Bürger sowie natürlich auch der Institution der Stadt angewiesen. 

Reker: Alle Städte sind darauf angewiesen. Ohne die Bürgerinnen und Bürger geht es nicht. 

DOMRADIO.DE: Sind denn hier die Kirchen in Köln für Sie auch verlässliche Bündnispartner? 

Aktivisten zeigen ihre Fahne vor dem Kölner Dom beim globalen Klimastreik / © Roberto Pfeil (dpa)
Aktivisten zeigen ihre Fahne vor dem Kölner Dom beim globalen Klimastreik / © Roberto Pfeil ( dpa )

Reker: Ja, bei vielen Themen. Den Klimaschutz müssen wir gemeinsam ganz nach vorne stellen, denn er ist wichtig für unsere Lebensgrundlage. 

DOMRADIO.DE: Man merkt allerdings auch, dass sich in unserer Gesellschaft etwas tut. Es geht etwas auseinander. Der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält, droht manchmal auseinanderzubrechen. Am Mittwoch gab es am Heumarkt in Köln wieder eine Aktion von Klimaklebern. Mittlerweile ist doch der Ton sehr rau geworden, auch was diese Fragen anbelangt. Wie stehen Sie dazu? 

Reker: Man darf natürlich nicht rechtswidrig handeln, um sein Ziel zu verfolgen. Bei den jungen Leuten, mit denen ich gesprochen habe, bin davon überzeugt, dass sie das aus Hilflosigkeit machen und für die Aufmerksamkeit eben ein falsches Ventil nutzen. Das ist ein Problem. 

Das Interview führte Jan Hendrik Stens.

Quelle:
DR