"Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist." Jedem der 70 Firmanden, die einzeln mit ihrem Paten oder ihrer Patin vor den Altar treten, legt der Erzbischof die Hand auf und zeichnet ihm mit dem Chrisam-Öl ein Kreuzzeichen auf die Stirn. Dann reicht er die Hand zum Friedensgruß und nimmt sich einen Moment lang Zeit, mit dem Neugefirmten zu sprechen.
Erst ist es still in der von der Abendsonne mit warmem Licht durchfluteten Kathedrale – die persönlichen Zwiegespräche spielen sich "out off the record" ab – dann stimmt die Gemeinde in eines der bekanntesten Kirchenlieder zu Pfingsten ein: "Komm', Schöpfer Geist, kehr bei uns ein…"
Genau das macht den Kern bei dieser Feier mit Kardinal Woelki aus: die Bitte um Stärkung und Befähigung nach einem entschiedenen Bekenntnis des eigenen Glaubens, das mündige "Ja" aus freien Stücken. Es ist die Freiwilligkeit, die bei dieser Erwachsenenfirmung im Vordergrund steht: dass niemand anderer mehr für einen entscheidet – wie die Eltern bei der Taufe für ihr Kind – sondern in diesem Augenblick jeder für seine Gottesbeziehung selbst gerade steht und Verantwortung übernimmt.
Vielfältige Gründe für die Firmung als Erwachsener
Die meisten Firmbewerberinnen und -bewerber, die an diesem Vorabend zu Pfingsten aus den FIDES-Stellen von Bonn, Wuppertal, Düsseldorf und Köln im Dom zusammengekommen sind, um das Sakrament der Firmung zu empfangen, sind zwischen 20 und 40 Jahren alt.
Vereinzelt sind es auch Kandidaten, die nicht über die katholische Glaubensinformation begleitet wurden, sondern direkt aus ihrer Gemeinde kommen, wo sie sich individuell auf dieses Sakrament vorbereitet haben. Die Gründe, sich erst jetzt – nach reiflicher Überlegung im Erwachsenenalter – auf dieses Sakrament einzulassen, sind vielfältig, weiß Irmgard Conin, die Leiterin der FIDES Köln.
"Bei den meisten mag es einen äußeren Anlass geben – beispielsweise eine Heirat in Italien, die Übernahme einer Patenschaft oder einen kirchlichen Arbeitsplatz, bei dem der Verkündigungsauftrag eine Rolle spielt – aber auch darin sehe ich immer einen Anstoß Gottes", sagt die Theologin.
Das FIDES-Konzept sieht vor, dass in Abend- oder Wochenendkursen zentrale Motive und Themen des Glaubens fokussiert ins Gespräch gebracht werden. "Gewissermaßen als Update auf der Erwachsenenebene", erklärt Conin. "Jeder kann bei uns herausfinden, was der christliche Glaube für ihn persönlich bedeutet, welche Lebensrelevanz er haben kann, was sich ändert, wenn ich glaube."
Schließlich sei der Glaube nicht nur ein Theoriegebäude, sondern eine Ressource im eigenen Leben. Um diese Transferleistung, die Verbindung zwischen Glaube und dem eigenen Alltag herzustellen, gehe es bei der Arbeit von FIDES. Nicht allein um die Vermittlung von reinem Glaubenswissen. "Wir sprechen über unser Gottesbild, über die Person Jesus Christus und das christliche Menschenverständnis. Auch die Auseinandersetzung mit Leid, Tod oder Schuld spielt eine große Rolle." Und schließlich gehe es um die Frage nach der eigenen Berufung: Wozu lebe ich? Habe ich einen Auftrag? Und wenn ja, welchen?
"In der Taufe feiern wir, dass das Leben eine Gabe ist", betont Conin. "In der Firmung feiern wir, dass das Leben auch eine Aufgabe ist, nämlich die eigenen Charismen zur Entfaltung zu bringen, und dass unser Leben eine hoffnungsvolle Perspektive hat, weil es die Zusage Gottes gibt, dass wir geliebt sind und er uns durch Höhen und Tiefen begleitet. Dazu stärkt die Firmung", so Conin. "Sie ist der Auftrag: Mach was draus im Sinne des Evangeliums!"
Als Zeugen des Evangeliums leben
So ähnlich bringt es auch Kardinal Woelki am Ende der festlich mit Bläsermusik gestalteten Feier zum Ausdruck. Bevor er die vielen Neugefirmten, ihre Familien und Freunde mit dem Schlusssegen entlässt und ausdrücklich allen Katechetinnen und Katecheten für deren Begleitung auf dem Weg hin zum Empfang des Firmsakramentes dankt, aber auch allen anderen Anwesenden, die gemeinsam mit den Firmlingen Glaubenswege gegangen und ihnen mit ihrem Gebet den Rücken gestärkt hätten, wie er formuliert, betont er noch einmal, "dass die Neugefirmten nun den Heiligen Geist empfangen haben, der dabei helfen will, sich im Alltag mit dem eigenen Glauben zu bewähren, um als Zeuginnen und Zeugen des Evangeliums zu leben".
In seiner Predigt hatte er zuvor anhand eines Bildes anschaulich gemacht, wie er sich persönlich den Heiligen Geistes vorstellt. Der Kardinal erinnert an Apollo 13, die dritte NASA-Mission, die am 11. April 1970 von Cape Canaveral Menschen auf den Mond bringen sollte. Doch schon zweieinhalb Tage nach dem Start funkten die drei Astronauten an Bord: "Houston, wir haben ein Problem." Ein Satz, der in die Geschichte eingehen sollte.
Hintergrund: Nach der Explosion eines Sauerstofftanks waren Teile des Raumschiffs schwer beschädigt. Und dann sei es nur noch um eines gegangen, so Woelki: die Besatzung, die sich zu diesem Zeitpunkt in 300.000 Kilometern Entfernung befand, sicher zurück zur Erde zu bringen.
Während dieser tagelangen und schließlich erfolgreichen Rettungsaktion, so berichtet der Kölner Erzbischof, hätten die Männer immer Funkkontakt zum Team am Boden gehalten, was seinerseits die Astronauten pausenlos dazu ermutigt habe, bis zum Schluss – zur sicheren Landung in einer Kapsel im Südpazifik – durchzuhalten. Deren vertraute Stimmen hätten der Besatzung des havarierten Raumschiffs in dieser verzweifelten Lage Sicherheit gegeben. Genauso stelle er sich den Heiligen Geist vor: als "Stand by" Gottes, "das mich ermutigt, auch wenn ich ihn nicht leibhaftig sehe", der – wie vom Evangelisten Johannes im Griechischen als Parakletos benannt – als Anwalt, Fürsprecher und Tröster fungiere. Wörtlich erklärt der Kardinal: "Der Heilige Geist ist wie eine Standleitung hin zu Gott, die immer funktioniert: mal gut hörbar, mal verrauscht und manchmal auch still." Und dennoch sei sie immer da.
Mitunter aber begegne ihm, so Woelki weiter, der Heilige Geist in seinem Alltag auch in menschlicher Gestalt, wenn ihm Menschen persönlich Mut machten. Dann würde er mit einem Mal diesen göttlichen Stand by spüren: dass sich innerlich etwas sortiere, er durch plötzliche Geistesblitze klarer sehe. "Schon oft habe ich erlebt, dass ich auf solche Momente vertrauen kann, mich nicht verrückt machen muss." Und noch konkreter werde dieses Stand by, "wenn ich Gott direkt anfunke".
Jesus selbst habe diesen tröstenden Beistand, den Heiligen Geist, versprochen. Abschließend unterstreicht der Kardinal: "Ich bin gewiss, dass Gott immer ansprechbar, immer auf 'Stand by' für mich ist."