DOMRADIO.DE: Sie kommen hier auf dem Erfurter Katholikentag gerade von einem Podium, wo es um Wirtschaft und Klima ging. Passt das zusammen?
Manuel Herder (Verleger): Absolut. Es ging um die Frage, wie eine öko-soziale Marktwirtschaft funktioniert und natürlich passt das zusammen. Zunächst kennen wir den Kapitalismus, beispielsweise im Drogenhandel wirtschaften Organisationen ohne jegliche staatliche Regulierung. Das geht immer zulasten der Menschen. Sie bringen sich gegenseitig um und schädigen ihre Kunden.
Dann kennen wir die Marktwirtschaft. Das reicht aber auch noch nicht, wie wir nach der industriellen Revolution gesehen haben.
Deswegen entwickelten Christdemokraten die soziale Marktwirtschaft. Hier geht es darum, dass in den Preis, also in die Wertschöpfung, die Kosten gehören, die es braucht, um nicht nur denjenigen, der direkt an dem Produkt arbeitet, zu versorgen, sondern auch seine Zeit davor – die Kindheit – und seine Zeit danach – das Alter – und natürlich die Familie, die er finanziert. Das ist die soziale Marktwirtschaft.
Jetzt sehen wir, dass unser schöner blauer Planet Hilfe braucht. Wir müssen ihn sanieren und zwar im Bereich des CO2. Deswegen geht die soziale Marktwirtschaft jetzt um eine Dimension weiter. Wir müssen lernen, in die Markt-Preise die Kosten hineinzuarbeiten, die für die CO2-Sanierung weltweit anfallen.
DOMRADIO.DE: Wie sieht das denn ganz konkret im Alltag aus? Auch in Ihrem Betrieb stellt sich ja das Problem.
Herder: Ja, natürlich, aber nicht so wirklich gravierend. Denn die Themen nachhaltiges Papier haben wir schon vor Jahren als Branche geklärt. Spannend ist aber eine Frage, nämlich woran wir eigentlich messen, was ökologisch sinnvoll ist und was nicht. Das müssen wir als Gesellschaft lernen.
Ich gebe mal ein Beispiel: Wir haben gesagt, wir produzieren Kinderbücher auf recyceltem Papier. Dann kam einer von den Umweltverbänden und drohte uns eine Klage an – es sei denn, wir spenden –, weil sie in unseren Papieren Tropenholz gefunden haben. Wenn ich recyceltes Papier nehme, weiß ich nicht, was drin ist. Deswegen habe ich gesagt, dass sie klagen sollen. Dann bringen wir genau das in die Öffentlichkeit, und auch das, was die gerade mit uns machen.
Damit sind wir bei einem ganz wichtigen Teil. Wenn die ganze Klima- und Umweltdebatte – insbesondere die CO2-Debatte – ideologisiert wird, wie das derzeit bei uns im deutschen Sprachraum geschieht, dann schadet das der Sache viel mehr, als es ihr nützt.
Wir haben bei uns im Verlagsprogramm in der letzten Zeit sehr viele Klimabücher gemacht, nicht zuletzt jetzt mit Mojib Latif, der einer der führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet ist. Sein jüngstes Buch "Klimahandel" geht genau auf die Themen ein. Deswegen sage ich, dass man die Sachfragen in den Vordergrund stellen muss und nicht ideologische Fragen.
DOMRADIO.DE: Dann fehlt nur noch die christliche Dimension, die Verantwortung für die Schöpfung. Die ist den Christen besonders ans Herz gelegt. Passt das auch noch mit rein?
Herder: Absolut. Ich glaube sogar, dass wir da einen intellektuellen und geistesgeschichtlichen Vorsprung vor anderen haben. Klar ist, dass die Sachfrage im Vordergrund stehen muss, sonst vermasseln wir es.Dann folgt bei uns Christen aber, dass möglichst keiner auf der Strecke bleibt. Das ist das, wofür wir als Christen stehen.
Politisch gesehen war das auch das Ideal der Christdemokratie: Innovation ja, aber keinen auf der Strecke lassen. Das muss jetzt wieder gelingen und zwar bei der größten Aufgabe, vor der die Menschheit seit langer Zeit steht: die globale CO2-Sanierung.
Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.