"Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich erstmals in der Schule davon gehört habe, dass ganze Völkerscharen gleichsam zwangsmissioniert wurden", erklärt Domkapitular Hans-Josef Radermacher zu Beginn seiner Predigt.
Heute rufe so etwas nur noch Kopfschütteln hervor. "Es fällt uns schwer, uns auch nur vorzustellen, dass man mal so verblendet gewesen sein konnte, als ob ich Glaube mit Gewalt weitergeben könnte."
Warnung vor Zwang
Man könne Menschen vielleicht dazu zwingen, etwas mitzumachen, erläutert Domkapitular Radermacher. "Ich kann mit Druck Verhaltensweisen einfordern. Ich kann erzwingen, dass man zum Gottesdienst geht", führt er aus.
Glauben aber wecke man damit nicht. "Glaube hat etwas mit Überzeugung zu tun – und die kann ich nicht anordnen." Jesus habe das gewusst. "Wenn man euch an einem Ort nicht hören will, so sagte er, dann geht weiter."
Vertrauen und Geduld
"Glauben kann ich eben nicht erzwingen, Glauben kann ich nur gewinnend vorleben. Wenn Menschen hören möchten, wenn sie Fragen haben, dann kann ich versuchen, darauf zu antworten."
Dabei rät Domkapitular Radermacher zu Geduld, denn "wenn Gott einen Weg zu den Herzen der Menschen sucht, dann wird er ihn auch finden. Gott bahnt sich einen Weg, aber er tut es zu seiner Zeit", erklärt er. "Wenn Menschen heute für die Sache Gottes nicht aufgeschlossen sind, dann sind sie es möglicherweise irgendwann später einmal."
Wenn dann bei Suchenden Fragen auftreten, gelte es, "da zu sein und zu antworten. Ich wünsche uns allen, dass uns das wirklich immer gelingt", stellt Radermacher zum Ende seiner Predigt fest.
Für die musikalische Untermalung des Kapitelsamts am fünfzehnten Sonntag im Jahreskreis sorgten und Kantor: Joachim Geibel und Simon Schuttemeier an der Orgel.
Aus dem Evangelium
"Er rief die Zwölf zu sich und sandte sie aus, jeweils zwei zusammen."
(Mt 6,7)
Impuls zum Evangelium Mk 6,7-13
Aus der Urkirche stammt der Satz "Unus christianus – nullus christianus" – »"Ein Christ ist kein Christ". Christentum lebt wesentlich von Gemeinschaft. Menschen, die sich als Christen zu Jesus Christus bekennen, sind eine neue Gemeinschaft, eine neue Familie. Nicht umsonst sprechen wir in der Kirche von »Schwestern und Brüdern«. Und Christentum drückt sich wesentlich in gelebter Gemeinschaft, Nächstenliebe aus. Die ersten Christen wirkten dadurch überzeugend und anziehend, dass sie Sorge übernahmen für Witwen, für Kranke, für Hilfsbedürftige – mit ihnen Gemeinschaft suchten.
Und Jesus selbst sagt, dass er da ist, wo zwei oder drei versammelt sind in seinem Namen. Genau deshalb sendet er seine Jünger auch zu zweit aus. Weil keiner in der Nachfolge Jesu allein sein soll; das Gefühl haben soll, ich bin allein gelassen. … Die Urkirche lebte von Hauskirchen; von Familien und Christen, die sich in kleinen Gruppen in ihren Häusern getroffen haben – zum Teilen des Glaubens und zum Feiern des Mahles, der Eucharistie. In einer kleiner werdenden Kirche könnte darin eine Chance liegen: beginnen, sich zu treffen, vom Glauben zu erzählen, sich bestärken. …
Zacharias Heyes OSB. Aus: TeDeum – Das Stundengebet im Alltag, Juli 2024, www.tedeum-beten.de