Einen Monat lang hat der Papst daran geschrieben. Eigenhändig in freien Stunden. So wichtig war es ihm, der Kirche in Deutschland in einer ihrer dunkelsten Stunden beizustehen, uns die Zeichen der Zeit zu deuten, Orientierung in dieser Zeitenwende zu schenken. Er wollte uns die Hand reichen und uns durch dieses Tal führen - wie es dem Nachfolger Petri zukommt. Kein anderes Volk hat von ihm einen solchen, schon historisch zu nennenden Brief erhalten. Doch mal ehrlich: Wer hat dieses Schreiben eigentlich wirklich gelesen? Es in seiner Tiefe zu verstehen versucht? Dabei hat der Papst immer und immer wieder betont, wie wichtig ihm gerade dieser Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland sei.
Heute wird dieser Brief fünf Jahre alt. In ihm lädt uns der Hl. Vater vor allem zu einem ein: Zu einer Evangelisierung, die in seinen Augen die eigentliche und wesentliche Sendung der Kirche ausmacht (Nr. 6). Für ihn ist Evangelisierung "ein Weg in die Jüngerschaft in Antwort auf die Liebe zu Dem, der uns zuerst geliebt hat (vgl. 1Joh 4,19); ein Weg also, der einen Glauben ermöglicht, der mit Freude gelebt, erfahren, gefeiert und bezeugt wird. Die Evangelisierung führt uns dazu, die Freude am Evangelium wiederzugewinnen, die Freude, Christen zu sein (Nr.7). Evangelisieren meint demnach, Menschen mit Jesus bekannt zu machen, bedeutet, Menschen in die Lebensgemeinschaft mit ihm hineinzuführen, in die Gemeinschaft der Jünger, die mit ihm auf dem Weg ist.
Das heutige Hochfest Peter und Paul, an dem wir in besonderer Weise eingeladen sind, für den Hl. Vater zu beten, erinnert uns an diesen wichtigen Brief des Papstes und lädt uns alle ein, seinem Wunsch durch unser Handeln zu entsprechen, damit "die Gewohnheiten, die Stile, die Zeitpläne, der Sprachgebrauch und jede kirchliche Struktur ein Kanal werden, der mehr der Evangelisierung der heutigen Welt als der Selbstbewahrung dient" (EG 27). Ich meine: Wir sollten ihm seinen so eindringlich vorgetragenen Wunsch erfüllen - schon um unser selbst, aber auch um der Kirche in Deutschland willen. Denn nur so wird sie eine Zukunft haben!
Ihr
Rainer Woelki
Erzbischof von Köln