Der Torjubel des türkischen Nationalspielers Merih Demiral mit dem sogenannten Wolfsgruß hat die Diskussion über die Zulässigkeit der Geste erneut befeuert. Die Europäische Fußball-Union UEFA hat ein Untersuchungsverfahren eingeleitet. Viele kritisieren Demiral scharf, er verteidigt sie als Ausdruck seiner Freude.
Die Handgeste imitiert den Kopf eines Wolfes und ist Symbol und Erkennungszeichen der in der Türkei gegründeten rechtsextremistischen Bewegung der "Grauen Wölfe". Zeigefinger und kleiner Finger formen die Ohren, Daumen und Mittel- und Ringfinger eine Art Schnauze. Die Geste geht zurück auf einen türkischen Mythos, drückt in der Regel aber die Zugehörigkeit und das Sympathisieren mit der Bewegung und ihrer Ideologie aus.
Wer sind die "Grauen Wölfe"?
"Graue Wölfe" ist eine Bezeichnung für die "Ülkücü"-Bewegung. Ihr Symbol ist der graue Wolf (türkisch: Bozkurt). Die Bewegung wurde in den 1960er Jahren von Alparslan Türkeş gegründet und steht für eine rassistisch-nationalistische Ideologie, die von der historischen und moralischen Überlegenheit der Turkvölker ausgeht und Abweichungen davon diskriminiert.
"Graue Wölfe" wurden in den 60er Jahren militante Jugendgruppen und Paramilitärs genannt. Ihnen werden zahlreiche politische Morde an unter anderem Kurden, Aleviten, Sozialisten und Gewerkschaftern in der Türkei zwischen den 60er und 90er Jahren angelastet. Zu der "Ülkücü"-Bewegung zählt auch die sogenannt Große Einheitspartei BBP und die ultranationalistische Partei MHP. Sie ist Regierungspartner von Präsident Recep Tayyip Erdogan und seiner AKP.
Was sagt der Verfassungsschutz über die "Grauen Wölfe" in Deutschland?
Die Ableger der "Grauen Wölfe" in Deutschland werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Der stuft die Gruppierung als eine "erhebliche Bedrohung für die freiheitlich demokratische Grundordnung" ein. Der Ideologie der "Ülkücü"-Bewegung wird im Verfassungsschutzbericht 2023 ein "übersteigerter Nationalismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" wie Rassismus und Antisemitismus attestiert. Mit mehr als 12.000 Anhängern ist sie eine der größten rechtsextremen Gruppen in Deutschland.
Ein großer Teil davon sei in Vereinen organisiert, die wiederum unter dem Dach größerer Verbände in Deutschland zusammengeschlossen sind. Als mitgliederstärkster Verband gilt die Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealistenvereine in Deutschland (ADÜTDF) mit rund 7.000 Mitgliedern in über 200 Ortsvereinen. Auch die Union der Türkisch-Islamischen Kulturvereine in Europa e.V (ATIB) und die Föderation der Weltordnung in Europa (ANF) sind mit je rund 2.500 und 1.000 Mitgliedern vertreten.
Wie denkt die Politik in Deutschland über die Aktion?
In der Bundespolitik zeigt man sich empört über die Geste. "Die Symbole türkischer Rechtsextremisten haben in unseren Stadien nichts zu suchen", teilte Bundesinnenministerin Nancy Faeser auf X mit. Es sei inakzeptabel, die Fußball-Europameisterschaft als Plattform für Rassismus zu nutzen. Auch für Bundesagrarminister Cem Özdemir sei die Botschaft "rechtsextrem, steht für Terror, Faschismus."
"Es ist skandalös, dass die Bundesregierung ein Verbot der islamistisch-türkischen Organisation und ihrer faschistischen Symbolik seit Jahren verschleppt", erklärte Sevim Dagdelen, außenpolitische Sprecherin vom Bündnis Sahra Wagenknecht und forderte ein Verbot der rechtsextremen Gruppe.
Welche Konsequenzen erwarten Demiral?
Das wünscht sich auch die Kurdische Gemeinde in Deutschland. "Fans übernehmen solche Zeichen, unter türkischen Jugendlichen auch in Deutschland gilt es als cool, rechtsextrem zu sein", erklärte der Bundesvorsitzende Ali Toprak. "Man stelle sich vor, ein österreichischer Spieler hätte nach einem Torschuss einen Hitlergruß gezeigt."
Die Europäische Fußball-Union UEFA hat ein Untersuchungsverfahren gegen den türkischen Nationalspieler Merih Demiral nach dessen Torjubel mit dem sogenannten Wolfsgruß eingeleitet. Es gehe dabei um ein mögliches unangemessenes Verhalten des 26-Jährigen, teilte die UEFA am Mittwochvormittag mit. Sollte Demiral bestraft werden, könnten ihm Folgen für das anstehende Viertelfinale gegen die Niederlande drohen. (Von Anne Pollmann und Serhat Koçak, dpa -Stand: 03.07.2024)