Erzbischof Edgar Pena Parra, als "Substitut" im Staatssekretariat die Nummer drei im Vatikan, muss in den Zeugenstand. Das hat das vatikaneigene Portal Vatican News am Mittwoch gemeldet. Dass ein derart hochrangiger Kurienmitarbeiter vor einem ausländischen Gericht aussagt, ist extrem selten.
In dem Prozess am Royal Court of Justice, der seit dem 24. Juni läuft, geht es erneut um Geschäfte mit einer Londoner Luxus-Immobilie. Dabei hatte der Vatikan einen dreistelligen Millionenbetrag verloren. Bei einem Gerichtsverfahren im Vatikan war der Finanzberater Raffaele Mincione vom dortigen Gericht wegen Geldwäsche, Veruntreuung und Korruption verurteilt worden.
Anlass für den aktuellen Prozess ist eine Zivilklage Minciones. Er will, dass das Londoner Gericht feststellt, dass er beim Handel mit dem Gebäude "in gutem Glauben" agiert habe. Die Vatikan-Justiz hatte Mincione hingegen unlautere Bereicherungsabsichten vorgeworfen und ihn unter anderem deswegen verurteilt.
Beim Vatikan-Prozess rund um die Londoner Immobilie war Mincione einer von zehn Angeklagten. Er wurde im Dezember 2023 wegen Geldwäsche, Veruntreuung und Korruption zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft sowie zu einer Geldstrafe und Ausschluss von öffentlichen Ämtern auf Lebenszeit verurteilt. Ein weiterer Angeklagter war Pena Parras Vorgänger, Kardinal Angelo Becciu. Auch er wurde zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.
Anhörungen an drei Tagen
Bei drei Anhörungen, die für den 4., 5. und 8. Juli angesetzt sind, soll Pena Parra berichten, was er von den Finanzoperationen weiß. Er hatte im Oktober 2018 von Kardinal Becciu die Amtsgeschäfte übernommen. Er habe damals keinerlei Übergabe erhalten und sei erst nach und nach den Hintergründen des Londoner Immobiliendeals auf die Spur gekommen, so seine Aussage im Vatikan-Prozess. Er sprach damals von "absoluter Täuschung", der man bei dem Deal aufgesessen sei.
Die Anwälte des Staatssekretariats betonen laut Vatican News, dass Pena Parra mit der Angelegenheit betraut wurde, als sie sich bereits dem Ende zuneigte, und daher nur über ein "sehr begrenztes" Wissen über die Vergangenheit verfüge. "Daher stützt sich das Staatssekretariat in diesem Prozess auf eine Kombination aus dokumentarischen Beweisen und Fragen, die Mincione und anderen im Kreuzverhör vorgelegt werden müssen."