Der Erzbischof von Santa Fe, John Wester, erhebt schwere Vorwürfe gegen seine eigene Bischofskonferenz. "Ich bin - bei allem Respekt - davon überzeugt, dass sie im Stillen außerordentliche Maßnahmen ergreift, um unseren heiligen Einsatz für das Soziale zu beschneiden", monierte der Geistliche aus New Mexico. Er gilt als Vertreter der reformorientierten Minderheit unter den US-Bischöfen, die hinter dem Kurs von Papst Franziskus steht.
Erzbischof Wester wundert sich, dass Personal- und Etatkürzungen ausgerechnet in dem Büro vorgenommen werden, das die Abteilung für Gerechtigkeit, Frieden und Entwicklung unterstützt. Dort sollen bis zu zwölf Personen, etwa die Hälfte der Mitarbeiter, nach einem Sparplan der Bischofskonferenz ihren Job verlieren.
Westers Misstrauen hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass die Bischöfe erst Mitte Juni in Louisville zu ihrer Frühjahrstagung zusammengekommen waren. Niemand hatte dabei auch nur ein Wort über die geplanten Einschnitte verloren. Wester ist "angewidert" von dem Vorgehen, das eine zentrale Aufgabe der Kirche unterminiere - "ohne ein Verfahren, das Beratung oder Transparenz beinhaltet".
Einzelheiten, die nicht geteilt werden konnten
In einem an das katholische Online-Portal Crux durchgesickerten Memorandum rechtfertigt sich der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Michael Fuller: "Die Natur der Veränderungen" habe es notwendig gemacht, diese vertraulich zu behandeln. Schließlich sei es dabei "um Personalfragen gegangen, deren Einzelheiten nicht mit der Vollversammlung geteilt werden konnten".
Warum eigentlich nicht? Das fragen sich Kritiker wie der Erzbischof von Hartford, Christopher Coyne. Während eines Rom-Besuchs beklagte er jüngst eine "Doppelzüngigkeit" der Verantwortlichen. Das bei der Vollversammlung Besprochene habe mit dem tatsächlich Geschehenen nicht viel zu tun. "Ich bin sehr enttäuscht", so Coyne. Zumal der Einsatz für Frieden und soziale Gerechtigkeit ein Schwerpunkt von Papst Franziskus sei.
Waren die Kürzungen etwa eine Intrige von Insidern, die fürchteten, bei einer Debatte der Vollversammlung keine Mehrheit zu bekommen? Erzbischof Coyne möchte das nicht ausschließen. Denn mit Ernennung einer Reihe neuer Bischöfe in den USA mache sich inzwischen "ein Franziskus-Effekt" bemerkbar. Der Autor des "National Catholic Reporter", Michael Sean Winters, resümiert, viele progressive Bischöfe fühlten sich hinters Licht geführt.
Personalkürzungen nicht erwähnt
Auch der Erzbischof von St. Louis, Mitchell Rozanski, beschwert sich darüber, dass die Personalkürzungen bei der Vollversammlung nicht einmal beiläufig erwähnt worden seien. Er habe erst durch die Medien davon erfahren. Bei einer offenen Diskussion über die Arbeitsschwerpunkte hätten notwendige Einsparungen auch in anderen Bereichen gemacht werden können, meint er.
In seinem Memorandum macht Generalsekretär Fuller "die Medien" und "frühere Mitarbeiter" für eine verzerrte Darstellung verantwortlich. Es gehe vielmehr um eine Neuordnung der Arbeit, "die dadurch nachhaltig und effektiv wird". Journalist Winters wirft in einem Kommentar die Frage auf, wie das gehen soll, "wenn das Personal halbiert wird". Viel ändern lässt sich nun im Nachgang aber wohl nicht mehr.
Erzbischof Coyne mutmaßt, es habe sich um eines der letzten Aufbäumen der Traditionalisten gehandelt. Der Papst habe dem Episkopat in den USA neue Stimmen hinzugefügt, "die weitaus offener für die Agenda sind, die Franziskus aufgezeigt hat".